Gottlieb Fiala – Gründungsmitglied des ÖGB

Artikel zum Rundgang am Urnenhain – verfasst von Brigitte und Werner Drizhal

Am 14. Oktober 1891 in Trebitsch (Mähren) als Sohn eines Schuhmachers geboren übersiedelte Gottlieb Fiala 1893 nach Wien. Hier besuchte er eine Bürgerschule in Wien und erlernte den Beruf eines Stanzers.

Schon 1904 Mitglied der Gewerkschaft der Leder- und Schuharbeiter wurde er 1908 Mitglied der Sozialdemokratischen Partei. Von 1908 bis 1913 war er „auf der Walz“ durch ganz Europa und als Mitglied der Handelsmarine sogar in Amerika. Auf seiner Wanderung aufgegriffen, wurde er nach Österreich-Ungarn abgeschoben und zum Militär eingezogen.1

1915 geriet er in russische Kriegsgefangenschaft. In der Nähe von Tula war er an der Organisierung österreichischer und deutscher Kriegsgefangenen beteiligt. Bereits 1917 auf der Seite der Bolschewiki war er Freiwilliger in der Roten Armee im Kaukasus.

Ende 1918 kehrte Fiala nach Österreich zurück und wurde ein Mitbegründer der Kommunistischen Partei Deutschösterreichs und vertrat die KP im Wiener Arbeiterrat und im Reichsarbeiterrat. Bereits auf dem 3. Parteitag der KPDÖ, im Dezember 1919, war er Delegierter und leitender Funktionär. Am 5. Parteitag, im März 1922, wurde Fiala in den Parteivorstand gewählt, dem er bis 1929 angehörte.

1924 bis 1927 war er Vertreter der Partei beim Exekutivkomitee der Kommunistischen Internationale2. 1932 war er Kandidat für die KPÖ bei den Gemeinderatswahlen in Österreich3.

Fiala wurde zum Betriebsratsobmann der Schuhfabrik Bally in Wien- Ottakring gewählt. Nach dem Verbot von KPÖ, Sozialdemokratie und Gewerkschaften in der Zeit des Austrofaschismus wurde Fiala 1934 Vorsitzender der illegalen Leder- und Schuharbeitergewerkschaft und später zweiter Vorsitzender der Gewerkschaft der illegalen Textil-, Leder- und Schuharbeiter. Seine illegale Tätigkeit setzte Fiala auch in der NS-Zeit trotz Anzeigen und Hausdurchsuchungen fort.

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Käthe Leichter. Und die Vermessung der Frauen

Ausstellungsbesuch

2025 feiert das Frauenreferat der Arbeiterkammer sein 100-jähriges Bestehen, der Geburtstag seiner ersten Leiterin, Käthe Leichter, jährt sich zum 130. Mal.

Termin: Mittwoch, 26. Februar 2025
Treffpunkt: 16.45 Uhr im Waschsalon, Karl-Marx-Hof, 1190 Wien, Halteraugasse 7
Lilli Bauer, die Kuratorin, wird uns durch die Ausstellung führen.
Anmeldung: rote.spuren@chello.at

Der Verein Rote Spuren übernimmt für die Mitglieder die Kosten dieses Besuches.

Käthe Leichter, geboren am 20. August 1895 als Marianne Katharina Pick in eine gutsituierte jüdische Familie, ist eine der einflussreichsten Persönlichkeiten der Arbeiter:innenbewegung der Ersten Republik. Sie führt als Leiterin des Frauenreferates der Wiener Arbeiterkammer Studien zu den Lebens- und Arbeitsbedingungen berufstätiger Frauen durch und avanciert zu einer Pionierin der Sozialforschung.
Rosa Jochmann beschreibt wie sie Käthe Leichter kennenlernte, so:

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Amalie Seidel – Die Organisatorin des ersten Frauenstreiks in Österreich

Artikel von Brigitte Drizhal

Amalie Seidel – geborene Ryba – wurde am 21. Februar 1876 in Wien geboren. Ihre Eltern kamen aus Böhmen und nach heutigem Sprachgebrauch würde mab sagen, Amalie war eine Migrantentochter.

Nach sechs Jahren Volksschule besuchte sie ein Jahr die Bürgerschule. Diese war für Mädchen, die nicht aus bürgerlichen Verhältnissen stammen, eigentlich unüblich. Sie muss also sehr klug gewesen sein.  Dennoch musste sie die Bürgerschule verlassen. Die wirtschaftlichen Verhältnisse der Familie – zwangen sie, eine Arbeit bereits mit zwölf Jahren anzunehmen.  Sie wurde Dienstmädchen. Der geringe Verdienst und auch sexuelle Belästigungen zwangen sie, eine Fabriksarbeit anzunehmen.

Bei der Firma Heller & Söhne war sie in einer Appretur-Fabrik tätig. Hier war der Lohn für Amalie Seidel etwas besser als als Dienstmädchen. Doch die Arbeit war für die Frauen hart und schwer. Bei 50 Grad Hitze arbeiten, wenig Luft, geringe Bezahlung, sowie oft mehr als elf Stunden Arbeit.  Dazu kommen noch die Übergriffe von Vorarbeitern. Ihr Vater, ein Schlosser und Sozialdemokrat, nahm sie sehr bald – mit 16 Jahren – zu gewerkschaftlichen Veranstaltungen und in den Gumpendorfer Arbeiterbildungsverein mit. Zudem gab er ihr immer wieder politische Lektüre zum Lesen. So wurde Amalie schon in jungen Jahren Gewerkschafterin und Sozialdemokratin.

Der solidarische Frauenstreik

Angespornt von den Feierlichkeiten zum 1. Mai im Jahr 1893 hielt sie in der Fabrikhalle eine Rede, forderte ihre Kolleginnen auf, für Frauen- und Arbeitsrechte aufzustehen und der Gewerkschaft beizutreten. Der Chef hörte zu, vermutete Aufruhr und warf sie hinaus.  Als sie an dem Tag spätabends nach Hause kam, erlebte sie eine Überraschung. Ihre Kolleginnen warteten auf sie und verkündeten, solange streiken zu wollen, bis sie wiedereingestellt werden würde. Seidel überzeugte sie aber davon, lieber für höheren Lohn, Arbeitszeitverkürzung von dreizehn auf zehn Stunden täglich und die Verbesserung des Arbeitnehmerinnenschutzes zu streiken. Gesagt, getan.  Aber nicht nur diese 300 Frauen

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Manfred Ackermann

Artikel zum Rundgang am Urnenhain – verfasst von Brigitte und Werner Drizhal

Die Familie übersiedelte 1899 nach Wien-Leopoldstadt, wo Manfred Ackermann die Volks-, Bürger- und später die Handelsschule besuchte. Nach einer kurzen Tätigkeit in einem Kohlengroßhandelsbetrieb wurde er zum Kriegsdienst eingezogen. Ab Herbst 1918 war Ackermann Mitglied des Wiener Volkswehrbataillons Frey1. Beim Militär lernte er den Vater Bruno Kreiskys, Max Kreisky, kennen und schloss sich den Sozialdemokraten an. Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges wurde er damit beauftragt, die Sozialistische Arbeiterjugend (SAJ) in der Brigittenau zu organisieren. In nur drei Jahren formte er aus einer Gruppe von 17 Jugendlichen eine Organisation von mehr als 1.000 Mitgliedern.

Bereits in jungen Jahren für die „Freie Schule“ und für Schuldemokratie aktiv.

Bei einer Kundgebung2 der sozialistischen Jugendorganisationen und des Verein Freie Schule demonstrierten hunderte Jugendliche gegen die Wiedereinführung des Religionsunterrichts und des Abend-unterrichts in den Fortbildungsschulen. Sie forderten eine Stärkung der Schul-
gemeinschaften und der Schülerräte.

Manfred Ackermannist ist in zahlreichen Sektionen und Veranstaltungen unterwegs, wo er zu Themen über die Jugendarbeit referiert und für eine moderne Weiterbildung der jugendlichen Arbeiter:innen wirbt.

Beim 7. ordentlichen Verbandstag3 am 7. und 8. September 1923 werden in den Verbandsvorstand gewählt:
Manfred Ackermann, Aurelie Heinz, Karl Heinz, Karl Holoubek, Otto Felix Kanitz, Anton Kimml, Alfred Migsch, Hans Phillip, Anton Proksch, Hans Riemer, Josef Sterk und Leopold Thaller.

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Rudolfine Fleischner

Artikel zum Rundgang am Urnenhain – verfasst von Brigitte und Werner Drizhal

Mit der Art ihrer Bestattung setzte Rudolfine Fleischner einen letzten, höchst politischen Akt: Die Feuerbestattung war in Wien zu diesem Zeitpunkt ein politischer Zankapfel zwischen Sozialdemokraten und Christlichsozialen und erst seit Kurzem möglich1.

Wie war ihr Leben?

Rudolfine Fleischner wuchs in Mähren in der kinderreichen Familie eines Landlehrers auf.. Sie besuchte eine Volksschule und musste anschließend schon früh für sich selbst sorgen. Als Dreizehnjährige kam sie,  da die finanzielle Situation ihrer Großfamilie stets angespannt war, nach Wien und schlug sich als Haushaltshilfe und Kindermädchen durch. Neben der Arbeit bildete sie sich – unterstützt von einer älteren Schwester – zur Erzieherin aus und arbeitete in der Folge in gutsituierten Haushalten als Erzieherin und Privatlehrerin. Ab den 1890er Jahren war sie in der Heimarbeiterinnenbewegung aktiv und gehörte zu den Begründerinnen des Vereins der Heimarbeiterinnen.

Atrbeiter-Zeitung am 27. Juli 1913, Nr. 204, Seite 16

Als Frauenpolitikerin setzte sie sich vor allem für die politische Schulung, sowie für die Gleichberechtigung der Frauen ein, was sich mitunter bei der Einführung des Frauenwahlrechts im Jahre 1918 als hilfreich erwies.

Rudolfine Fleischner gehörte zu den Gründerinnen der Frauenorganisation Alsergrund und fungierte ab 1916 als deren stellvertretende Obfrau.

Ebenso war sie an der Gründung der lokalen Ortsgruppe der Kinderfreunde, wo sie auch als Betreuerin tätig war, und der Ortsgruppe des Arbeiter-Abstinentenbundes beteiligt.

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Julius Tandler

Artikel zum Rundgang am Urnenhain – verfasst von Brigitte und Werner Drizhal

Julius Tandler wurde in Iglau 1869 im damaligen Kronland Mähren geboren, besuchte aber das Gymnasium Wasagasse in Wien-Alsergrund. Zwischen 1889 und 1895 absolvierte Tandler sein Medizinstudium in Wien, das er mit der Promotion abschloss1.
Tandler, der seit 1910 einen der beiden Lehrstühle für Anatomie an der Universität Wien innehatte, wurde 1919 Unterstaatssekretär im Volksgesundheitsamt unter Ferdinand Hanusch2.

Gesundheitssituation in Wien um 1920

Die Kinder- und Säuglingssterblichkeit3 war stark angestiegen, viele Kinder waren chronisch unterernährt, um die Welt gingen entsetzliche Bilder von schwerst rachitischen Kindern aus Wien. Infektionskrankheiten wie Tuberkulose oder Syphilis hatten dramatisch zugenommen.

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Gedanken zum Jahreswechsel

Das Gedicht von Erich Fried ist eine Lupe in unsere Gesellschaft. Wie ein Vergrößerungsglas zeigt es schonungslos auf die unzumutbare in Wirtschaft und Gesellschaft. Bankrotte Unternehmer holen sich hemmungslos vorher Millionen aus den Betrieben, um sie dann in die Insolvenz zu schicken. Fatale Managementfehler von hochbezahlten Vorständen und Direktoren führen die Firmen in den Abgrund. Der Insolvenzentgeltfonds muss aushelfen, damit die Gehälter der Beschäftigten ausbezahlt werden können. 

Andere Unternehmer erpressen ihre Arbeiter:innen und Angestellten, sie mögen auf ihre berechtigten Lohn- und Gehaltserhöhungen verzichten, ansonsten werden sie gekündigt. In den öffentlichen Medien (ORF) werden Politiker:innen, vorzugsweise der ÖVP und Neos, Unternehmer:innen, Industrielle eingeladen, um den Wirtschaftsstandort, die Lohnnebenkosten, die Steuern usw. zu bejammern. 

Kaum jemand will die direkt Betroffenen, die ihren Job und Lebensgrundlage verlieren, die unsichere Weihnachten erleben, hören. Ja, es braucht einen Systemwechsel – die wahren Expert:innen, jene die täglich in den Betrieben arbeiten, wissen genau über den Zustand der Firmen Bescheid. Sie kennen auch Lösungswege aus dem betrieblichen Desaster. Niemand will sie hören! Eine starke wirtschaftliche Mitbestimmung, demokratische Strukturen, die den Beschäftigten eine Mehrheit bei wichtigen Firmenentscheidungen sichert, kann ein Weg in die Zukunft sein.

Lasst uns auf den Grundlagen unserer Geschichte und Erfahrungen diese Gesellschaft gestalten. Wir sind die Vielen, wir sind die Mehrheit, die für ein sicheres und gutes Leben kämpfen. Erheben wir für jene unsere Stimme, die die Gesellschaft, Betriebe, Institutionen mit starken Mitwirkungsrechten demokratisieren wollen.

Urnenhain – Die Feuerbestattung und Feuerbestattungsverein “Die Flamme”

Das erste Krematorium entstand in Mailand1 dann folgte 1878 Gotha. Dann folgte Zürich (1889), und weitere deutschen Städte wie Heidelberg, Hamburg, Jena und Offenbach. Italien, Frankreich und die USA sind vorangegeangen.2 Unter Bürgermeister Jakob Reumann erfolgte 1922 die Grundsteinlegung zum Krematorium auf dem Wiener Zentralfriedhof gegeüber dem Tor 2. Trotz Versuchen der christlich-sozialen Bundesregierung unterstützt von der katholischen Kirche die Inbetriebnahme zu verhindern, wurde sie am 17. Dezember 1922 eröffnet.
Die erste Einäscherung fand am 17. Jänner 1923 statt. Die Klage vor dem Verfassungsgerichtshof gegen Reumann wurde 1924 zugunsten des inzwischen ehemaligen Bürgermeister entschieden. In seiner Eröffnungsrede meinte Reumann:

Im Laufe des gestrigen Abends ist mir als Landeshauptmann eine Weisung des des Herrn Bundesminister Schmitz zugestellt worden, die ausspricht, dass die Feuerbestattung in Österreich verboten sei. (…) dass also in einer Zeit, in der die demokratisch-republikanische Verfassung in dem freiheitlichen Denken ihr bestes Rüstzeug findet, ein Minister die Weisung gibt, dass die Feuerbestattung unzulässig sei, weil sie nicht ausdrücklich erlaubt ist. (…) Die Bevölkerung ist mündig geworden und wird sich nicht durch willkürliche Anordnungen in ihrer Willensbildung einschränken lassen.3

Aufnahme 2018
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Rundgänge in der Gedenkstätte Mauthausen

Die Vernichtung jüdischen Lebens im KZ-System Mauthausen-Gusen
So, 26.01., 10:00 – 13:00 Uhr

Referentin: Angelika Schlackl (pädagogische Mitarbeiterin KZ-Gedenkstätten Mauthausen und Gunskirchen)
Treffpunkt: Besucher*innenzentrum der KZ-Gedenkstätte Mauthausen

Die Einweisung jüdischer Häftlinge in Mauthausen begann nicht erst mit den Evakuierungstransporten in der Endphase des Zweiten Weltkriegs, als Tausende ungarische Juden und Jüdinnen nach Mauthausen überstellt und ohne Registrierung ins Zeltlager abgesondert wurden. War es in den ersten Jahren ab 1939 noch eine geringe Anzahl, so begannen im Mai 1944 große Judentransporte aus Auschwitz und setzten sich kontinuierlich bis Februar 1945 fort. – Woher kamen diese jüdischen Menschen? Wer waren sie? Auf diesem Themenrundgang wird ihrem Schicksal nachgegangen.


Als Juden verfolgt: Antisemitismus im Nationalsozialismus und in der Gegenwart
Mo, 27.01., 16:00 – 18:00 Uhr

Referentin: Josua Camhy (pädagogischer Mitarbeiter*in der KZ-Gedenkstätte Melk)
Treffpunkt: Schießstattweg 2, 3390 Melk

Vor 80 Jahren, am 27. Jänner 1945, befreite die Rote Armee das Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau. Über 1,1 Millionen Menschen waren während der vorhergegangen fünf Jahre dort ermordet worden. Deswegen gilt der 27. Jänner als Holocaust-Gedenktag.

  • Doch warum wurden Menschen als Juden verfolgt?
  • Der Themenrundgang setzt sich mit Antisemitismus auseinander:
  • Was ist Antisemitismus?
  • Wie ist er entstanden?
  • Was war das Spezifische des Antisemitismus im Nationalsozialismus?
  • Zusätzlich werden seine Erscheinungsformen in der Gegenwart näher betrachtet.
  • Warum ist Antisemitismus noch immer weit verbreitet und eine gesellschaftliche Herausforderung?