Wie sich der steirische NS-Verbrecher Sigfried Uiberreither seiner Bestrafung entzog?

Wir bummeln durch das Zentrum von Graz und beim Burgtor sehen wir diese Inschrift in einem Rundbogen. Die Krümmung, die Örtlichkeit lassen kaum zu den Text zu lesen oder gar gut zu fotografieren. Wem wird hier gedacht? Was wird anklagt? Eine seltsame Inschrift in welchen historischen Bezug?Welche Funktion haben die Ketten? Ist hier etwas symbolisch weggesperrt oder sind die Ketten gar Symbole der Zrückhaltung der Aufklärung der Geschehnisse?

„Passant, willst du wissen, wo du stehst? Willst du wissen, Unschuldiger, wer du bist? Wie du dich krümmst, wenn du der Macht verfällst, zu ihrem Spielball und Opfer wirst? Willst du wissen, wie du vor Schmerz schreist? Ich, Sigfried Uiberreither alias Friedrich Schönharting, ging hier vom 9. Juni 1938 bis 31. März 1940 meiner Arbeit nach. Ich brachte als Landeshauptmann der Steiermark und in der Ausübung meiner sonstigen Ämter viele Menschen um. Ich tat es nicht alleine. Ich tat es nicht selbst. Ich hatte Mitarbeiter. Wenn du durch das Tor gehst, schäme dich nicht nur für mich. Wer suchte nach mir? Wer stellte mich vor Gericht? Warum hast du geschwiegen? Wer hat dich zum Komplizen gemacht?“1

Nicht nur die Erinnerung an die Vergangenheit, sondern auch ein Auseinandersetzen mit der Gegenwart soll dieses Mahnmal mit sich bringen, wünschte sich Werner Fenz, Leiter des Instituts für Kunst im öffentlichen Raum Steiermark. 2

Die Erinnerung der Vergangenheit wird nicht nur mit dem Aufzeigen der Greueltaten der Täter dargestellt. Ihre Namen, Rollen, Funktionen kommen in den Mittelpunkt der Betrachtung. Was ist mit den Opfern? Wie und Wo haben sie gelebt? Was haben sie beruflich gemacht? Sie werden bei diesem Mahnmal wieder einmal versteckt. Das ist eine Erinnerungskultur an die Täter. Klar, ihre Taten müssen vor den Vorhang des Vergessens, des Verschweigens hervorgeholt werden, unbedingt. Genauso notwendig ist den Opfern eine Bühne in unserem Geschichtsbewusstsein zu geben, denn sie und nur sie haben das Unrechtssystem in Frage gestellt. Den Mitläufer:innen, die weggeschaut haben, die angeblich nichts gesehen haben, die heimlichen Profiteur:innen, müssen in das Antlitz der Opfer sehen, um wie in einem Spiegel die Qualen der Opfer als Synonym ihres eigenes Versagen zu spüren. Vielleicht schafft das Nachdenken darüber ein neues, aktiveres Demokratieverständnis. Natürlich hat dieses Denkmal dahingehend auch eine aufklärende Funktion. Jede und jeder sollte sich fragen „Was will uns dieses Denkmal sagen?“

Weiterlesen

Was machen der Führer und der Duce in einer Grazer Kirche?

Und nein, es handelt sich nicht um einen Fall für das NS-Verbotsgesetz.

Beim Lösen eines Adventure Lab während einer Geocachingtour stellt sich uns in Graz in der Herrengasse diese Frage. Angeblich sollen auf einem Kirchenfenster in der „Stadtpfarrkirche Zum Heiligen Blut“ Hitler und Mussolini zu sehen sein.

Die römisch-katholische Kirche zum Heiligen Blut ist die Grazer Stadtpfarrkirche. Im 2. Weltkrieg wurden die gotischen Glasfenster zerstört. Mit der Neugestaltung wurde Albert Birkle, dessen Kunst im Dritten Reich als entartet galt, beauftragt. Die Fenster wurden zum Skandal, denn sie zeigen Hitler und Mussolini an der Seite der Peiniger Christi. Vor dem Altar stehend das linke Fenster, in der rechten Hälfte dieses Fensters im vierten Teil von unten, findest du die Beiden.
Diesen Hinweis verdanken wir dem Geocacher thombeluga  mit seinem Tourist Lab – Unbekanntes Graz.

Weiter im Artikel

Demokratie verteidigen! Keine Koalition mit dem Rechtsextremismus!

Zehntausende Menschen sind in ganz Österreich auf die Straße gegangen, um die Demokratie zu verteidigen. Anlässlich des UN-Tages gegen Rassismus tragen wir diese Feuermauer gegen Rechtsextremismus im Superwahljahr vor das Bundeskanzleramt.

Wir setzen ein Zeichen gegen Rechtsextremismus, Rassismus, Antisemitismus und Hetze. Wir wollen ein offenes, menschenrechtsreiches und klimagerechtes Österreich. Ein Land des gegenseitigen Respekts und Miteinanders, das uns allen eine lebenswerte Zukunft und einen gesunden Planeten sichert.

Mehr dazu: Plattform für eine menschliche Asylpolitik

Der lange Schatten des Faschismus

Etwa 130 Frau/Mann-Stunden an Vorbereitungszeit von Kolleg:innen für die Auswahl der Texte, Schreiben eines Designs und der Gestaltung einer Präsentation. Super Mithilfe durch Expert:innen in der FAKTory, die uns bei den Vorbereitungsarbeiten vor Ort super unterstützt haben.
Eigentlich ist es oft bei Veranstaltung so, dass wir bis zur Veranstaltung hoffen, dass genügend Teilnehmer:innen kommen und dann begeistert sind, wenn die Besucher:innen den Weg zu uns finden. Diesmal war die Begeisterung von Anfang gegeben, als täglich immer mehr Anmeldungen in unserem Email-Account landeten. Ein paar Tage vor der Veranstaltung stellte sich uns die Frage “Haben alle Platz?”


1934 war es in Europa drei faschistischen Diktatoren und den dazugehörigen Beweg-ungen gelungen, die Regierungen zu übernehmen, zwei davon stellten fast die Hälfte der Außen-grenzen Österreichs.

Das Deutsche Reich wollte den Wunsch vieler Österreicher:innen nach dem “Anschluss” erfüllen, während das faschistische Italien sich als Schutzmacht gerierte, um eben das zu verhindern. Diese Unterstützung gewährte Mussolini einem Regime, das seit dem März 1833 als ständische Diktatur regierte und damit dem korporatistischen Ideal der Faschisten nahestand.

Berthold Molden im Tagebuch 2/2024 im Artikel – Das Echo des Februar 1934
Weiterlesen

„Im Gebrüll der Dollfuß’ Kanonen…“

Symposium zum 90. Jahrestag des Februaraufstands
10. und 11. Februar 2024
Uni Campus Altes AKH

Das Bündnis 12. Februar organisiert anlässlich des 90. Jahrestages der Februarkämpfe das Symposium „Im Gebrüll der Dollfuß‘ Kanonen…“. Es findet bei freiem Eintritt am Uni Campus Altes AKH (Spitalg. 2-4, 1090 Wien) statt.

Das Symposium behandelt die Themenblöcke Austrofaschismus und Februarkämpfe. Durch die breite Fächerung der Themen wird eine umfassende gesellschaftliche und politische Analyse des Austrofaschismus und der Februarkämpfe geboten.

In der Programmarbeit wurde einem unterschiedlichen Wissensstand der Besucher:innen Rechnung getragen. Neben spezialisierten Beiträgen, die einzelne Aspekte genau behandeln, wird es auch umfassende Beiträge geben, die dazu dienen, einen ersten Einblick in die Themenkomplexe zu gewinnen bzw. diese miteinander zu verknüpfen.
Im Rahmen der einzelnen Veranstaltungen wird auch Raum für Fragen und Diskussion geboten.

Die Aula am Campus ist der zentrale Anlauf- und Informationspunkt des Symposiums. Dieser Empfangs- und Aufenthaltsraum steht Publikum und Vortragenden zur Verfügung, er dient damit auch als Ort der Kommunikation. Neben Infos, Kaffee und Kuchen, gibt es dort auch einen Büchertisch sowie die Ausstellung der Linoldrucke aus „Als die Nacht begann…“.

Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.

Gedenken in Wöllersdorf am 10. Februar 2024

Das austrofaschistische Regime richtete Anhaltelager für sozialdemokratische Funktionär*innen und Februarkämpfer*innen ein. Die – ohne rechtsstaatlichen Schutz – inhaftierten Menschen litten enorm unter der Freiheitsberaubung. Übergriffe des Wachpersonals waren an der Tagesordnung. Die Kosten der Haft musstendie Opfer selbst bezahlen. Meist fiel der Alleinverdienst weg, die zurückgebliebenen Angehörigen litten Hunger wurden delogiert.
Quelle: Otto Bauer – Der Aufstand der österreichischen Arbeiter, kommentiert und herausgegeben von Werner Anzenberger, Anja Grabuschnig, Hans-Peter Weingand, ÖGB-Verlag, 2021 Wien, ISBN 978-3-99046-516-5

Redner:innen

  • Dr.Gerlinde Sauerschnig – Bezirksvorsitzende der Freiheitskämpfer Wiener Neustadt
  • Petra Tanzler – Nationalrätin, Bezirksvorsitzende der SPÖ Wiener Neustadt
  • Dr. Günther Sidl – Abgeordneter zum Europäischen Parlament
  • Mag. Sven Hergovich – Landesrat, Vorsitzender der SPÖ Niederösterreich

Filmarchiv Austria zu 90 Jahre Februar 1934

Zum 90. Mal jährt sich heuer der Bürgerkrieg von 1934 – eine Zeitenwende für Österreich. Die Erste Republik geht jäh zu Ende, was in den nächsten vier Jahren folgt, ist eine »ständestaatlich drapierte Diktatur«: der Austrofaschismus. Die vier Programme geben nicht nur anhand zeitgeschichtlicher Dokumente Einblick in die Dramatik der Auseinandersetzungen, sondern werfen auch Schlaglichter auf die Spuren, die jene Februartage in der österreichischen Filmgeschichte hinterlassen haben.

Zu den Programmen des
Film – Specials Februar 34

Zu den Programmdetails

Auf Spurensuche in Triest

Unser erster Eindruck von Triest ist geprägt von einem heftigen Südsturm, der das Meerwasser in den Golf von Triest drückt und der Hauptplatz „Piazza Unità d’Italia“ ist samt Mole überschwemmt. Die Wettervorhersage hat recht und bis Mittag bessert sich das Wetter. Beim klassischen Stadtrundgang mit einer Reisegruppe haben wir wenig Zeit auf Symbole und Spuren der ArbeiterInnengeschichte zu achten. Eine paar “Erinnerungssplitter” haben wir eingefangen.

So hat sich Italien nach 1918 im Zuge der Neuordnung Europas das gemischtsprachige Istrien (heute überwiegend slowenisches und kroatisches Staatsgebiet) sowie Teile Dalmatiens (heute Kroatien) unter den Nagel gerissen, und der faschistische Diktator Benito Mussolini hat gerade hier und in der traditionell vielsprachigen ehemaligen K.-u.-k.-Hafenstadt Triest in den 1920er und 1930er Jahren die Zwangs-Italianisierung durch das Verbot des Slowenischen/Kroatischen und der Auflage, nicht italienisch klingende Familiennamen zu ändern, brachial durchgesetzt.1

Digitales Archiv der Österreichischen Nationalbibliothek, die Zeitung „Der Abend“ am 12.9.1930, Seite 4

In Triest lag hier der Fokus der Faschisten zuerst auf der slowenischen Minderheit. Triests Vorgänge gegen diese, Verbot von slowenischen Vereinigungen und Versammlungen, machten es zum Zentrum der jungen faschistischen Bewegung. Es wurden immer mehr Verbote verhängt und es kam zu gewaltsamen Auseinandersetzungen, welche ihren Höhepunkt mit dem Anschlag auf das slowenische Gemeindezentrum am 13. Juli 1920 hatten.2  

Piazza Unità d’Italia mit dem Palazzo del Municipio

Zwischen dem neunzehnten und zwanzigsten Jahrhundert verzeichnete die Stadt einen ständigen Zustrom von Juden, die vor den Pogromen Osteuropas und Russlands flohen und nach Palästina oder Amerika zogen. Bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkriegs war Triest der wichtigste Einschiffungshafen für Israel, um den Titel „Shaar Zion“, „Tor von Zion“, zu tragen.3

Zu den stolpersteinen und zu einer Gedenktafel am Hauptplatz

Niemals Vergessen

Einige Vereinsmitglieder der Roten Spuren beteiligten sich am Gedenkmarsch des Bundes Sozialdemokratischer Freiheitskämpfer, Opfer des Faschismus und aktiver AntifaschistInnen, der Sozialistischen Jugend, der Jungen Generation, des VSStÖ und der SPÖ-Bildung am 1. November am Zentralfriedhof.

Am Denkmal für die Opfer für ein freies Österreich zwischen 1934 und 1945 spricht SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Sandra Breiteneder und erinnert an einen Aufsatz W. Adorno von 1966 “Erziehung nach Ausschwitz”. Hier zu Auszügen aus der Rede

Die Topografie des Terrors

Zur Vorbereitung unserer Studienreise besuchen wir diese Ausstellung in einer Gedenkstätte. Hier im ehemaligen Gestapo-Hauptquartier sind jetzt die

  • Dauerstellung “Topografie des Terrors“
  • die Dauerausstellung Berlin 1933 – 1945
  • ein Geländerundgang mit 15 Stationen

Die Ausstellungen kann man bei freiem Eintritt besuchen. Viele Menschen nutzen die Möglichkeit sich mit Audioguides in der Ausstellung zu informieren. Viele Schulgruppen sind ebenfalls zwischen den Schautafeln unterwegs.

Ich bin nach dem Besuch von diesen Ausstellungen immer ganz fertig. Der abscheuliche terror, die Brutalität der Taten, die menschenverachtende Politik durchaus im heutigen Kontext. Angst macht mir, dass damals die Nazis nur 6 Monate brauchten, um den deutschen Staat nach ihren Willen umzubauen und um alle Bausteine der Demokratie zu beseitigen.

Weiterlesen