Ein Stadtspaziergang vom Heldenplatz bis zum Sigmund-Freud-Park
Demokratie, wie wir sie heute kennen, musste über Jahrhunderte erkämpft, erstritten und mit viel Einsatz von Menschen und der ArbeiterInnbewegung errichtet werden.
Wer waren die BaumeisterInnen unserer heutigen Freiheit?
Wer wurde für Kritik, Widerstand und politische Aufklärung gefoltert, eingesperrt und getötet?
Datum:Samstag, den 8. Juni 2024 – Beginn: 13:00 Uhr, Ende 15:00
Den Feudalherren und Kapitalisten ist es nie um ein gutes Leben für die BürgerInnen und ArbeitnehmerInnen gegangen, sondern nur um die Absicherung ihres Reichtums, ihrer Macht und ihres Einflusses. Bei diesem Spaziergang tauchen wir ein in Revolutionen und Widerstand für ein freies Österreich und eine freie Welt.
Wir fahren mit unserem Womo gemütlich auf schmalen Strassen nach Gruisla, eine Ortschaft in der Gemeinde Klöch. Die Strasse zwischen den Weinbergen wird immer schmäler und immer vorsichtigerer wird unsere Fahrt. Bald rückt eine farbenprächtige Stele in unser Blickfeld.
Peter Klug schaffte hier eine Sitzgruppe aus Stein mit einer riesigen vierkantigen Stele, die mit 23.000 farbenprächtigen Noppen und einer Inschrift in Deutsch, Englisch, Slowenisch und Ungarisch ausgestaltet ist.
Hier sind knapp 2000 Menschen aller religiösen Konfessionen, die während der beiden Weltkriege als Kriegsgefangene oder Soldaten ihr Leben lassen mussten, beerdigt. Vor über 100 Jahren befand sich hier der Lagerfriedhof des Kriegsgefangenenlagers.1
Die Gräber der Soldaten aus Lager und Spital, die auf dem Knittelfelder Friedhof ihre letzte Ruhestätte fanden, stellen ein trauriges Mahnmal für ein sinnloses Sterben dar2.
1911 wurde die Familie von Moritz Neumann in den Heimatverband der Stadt Radkersburg aufgenommen. Neumann war wegen seiner Bescheidenheit, Güte und Hilfsbereitschaft in Radkersburg sehr beliebt. So gewährte er den bei Banken nicht mehr kreditfähigen Bauern zinsenlose und unbefristete Darlehen. Er schaffte den Aufstieg in die bürgerliche Oberschicht von Radkersburg. In der öffentlichen Meinung repräsentierte nur er das Judentum – und zwar äußerst positiv. Neumanns Sohn Ferry, der am 20. Juli 1901 in Radkersburg geboren wurde, betrieb seit Dezember 1935 eine Heidenbreinmühle, die durch einen von ihm erfundenen elektrischen Mechanismus Heidenmehl von höchster Qualität erzeugte.1
Ferry Neumann wurde während der jüdischen Pogrome vom 9. auf 10. November 1938 von Radkersburger Gendarmen verhaftet, in das Grazer Bezirksgericht überstellt, am 11. November 1938 mit dem Zug nach Dachau transportiert und war dort bis Ende Jänner 1939 inhaftiert. Während Neumanns KZ-Haft raubten örtliche Gestapo-Beamte im Zuge einer Hausdurchsuchung den Schmuck seiner Frau. Radkersburger stahlen den Hausrat und die Kleidung der Familie.
Bei einer Geocachingtour entdecken wir beim Lösen diverser Aufgaben die historischen Spuren des Kriegsgefangenenlager in Knittelfeld. Aus der Beschreibung des Geocaches erhalten wir diese Informationen1:
Wer heutzutage das Kulturhaus oder das LKH Knittelfeld, die Landesberufschule, die Hauptschule Lindenallee, die Obersteirische Molkerei, einen der zahlreichen Handels- oder Gewerbebetriebe im Westen der Stadt, den Sportplatz von Rotweiß oder vielleicht den ARBÖ-Stützpunkt besucht, ist sich wahrscheinlich nicht bewusst, dass er auf historisch brisantem Boden steht. Hier – zwischen der Anton-Regner-Straße im Osten, der Kärntner Straße im Süden, der Ingering im Westen und der Maßweger Straße im Norden – befand sich vor knapp hundert Jahren eines der größten Kriegsgefangenenlager der österreich-ungarischen Monarchie! Der Erste Weltkrieg (1914-1918) brachte eine neue Dimension des Schreckens, des Leids, der Zerstörung, eine neue Dimension hinsichtlich des Blutzolls, der Toten, der Verwundeten und auch der Gefangenen, die in zahllosen Lagern interniert wurden.
Am 9. Oktober 1914 sendet das Militärkommando in Graz ein Telegramm an die 8. Abteilung Hochbau im Kriegsministerium in Wien mit der Bitte um die Zuteilung von, wie auch von Zeilinger im korrigierten Angebot verlangt, 400 bis 600 Kriegsgefangenen, um die termingemäße Fertigstellung des Lagers zu garantieren.2 Ob für die geleistete Zwangsarbeit der Gefangenen eine dementsprechende Bezahlung jemals geleistet wurde?
Wir machen Station in Klosterneuburg und suchen nach einem Gedenkstein bei der ehemaligen Synagoge.
Ziemlich lieblos steht Ecke Kierlinger Strasse und Medekstrasse ein einsamer fast zu übersehender Gedenkstein mit einer Platte mit Inschrift, die dringend erneuerungsbedürftig ist.
In der Wiener Zeitung vom 15. August 1914 findet man eine kleine Notiz zur Einweihung der Synagoge.
Am Nachmittag waren wir mit einer tollen Gruppe in Sachen SOKO-Habsburg unterwegs. Wie üblich starteten wir beim Denkmal von “Maria Theresia”. Kurz nach Beginn suchten wir wegen des heftigen Regen Schutz bei der Einfahrt des Kunsthistorischen Museum. Hier störte sich ein Portier:in daran, dass wir im Eingang standen zwar niemanden behinderten, dies aber nicht öffentlicher Raum sei. Darauf hin wurden die großen Tore verschlossen und wir standen wir Torwächter:innen vor dem Haus. Angenehmer war es bei Franz Josef I. hier schafften wir die Station halbwegs regenfrei. Bei Joseph II flüchteten wir in die Hofburg, denn es schüttete richtig. Wegen des schlechten Wetters gab es dann noch eine Kurzzusammenfassung der nächsten Stationen und wir beendeten die Geschichtetour. Herzlichen Dank an alle, dass sie mit uns den widrigen Bedingungen getrotzt haben.
Mit einer Zusammenfassung der Pogrome der Habsburger an der Jüdischen Bevölkerung – MEHR dazu…..
Bei nasskalten Wetter trafen sich interessierte Kolleg:innen einen Tag vor dem Wien-Marathon zu einem “Geschichtemarathon” am Ring in Wien. Marathon deshalb, weil wir in derGeschichte der Arbeitnehmer:innenbewegung in der Mitte des 19. Jahrhundert starteten und Ereignisse in den folgenden 100 Jahren streiften.
Ein Abend pro Woche und mehrer Wochenende lernen Betriebsrät:innen, Personalvertreter:innen, Vertrauensleute des ÖGB-Tirol voneinander und tauschen Erfahrungen aus. Ein wichtiger Beitrag ist die Beschäftigung mit der eigenen Geschichte. Welche Arbeits- und Lebensbedingungen hatten unsere Vorfahren und was lernen wir daraus. Mehr als 20 Forscher:innen begaben sich auf Spurensuche.
Von den Seidenarbeiterinnen unter Maria Theresia, bis zu den Opfern der blutigen Schlachten der Habsburger, der Unterdrückung der Bauern, der Vertreibung der jüdischen Bevölkerung beschäftigte uns die Frage haben die Habsburgerherrscher “Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen?” Mehr dazu…
Wir bummeln durch das Zentrum von Graz und beim Burgtor sehen wir diese Inschrift in einem Rundbogen. Die Krümmung, die Örtlichkeit lassen kaum zu den Text zu lesen oder gar gut zu fotografieren. Wem wird hier gedacht? Was wird anklagt? Eine seltsame Inschrift in welchen historischen Bezug?Welche Funktion haben die Ketten? Ist hier etwas symbolisch weggesperrt oder sind die Ketten gar Symbole der Zrückhaltung der Aufklärung der Geschehnisse?
„Passant, willst du wissen, wo du stehst? Willst du wissen, Unschuldiger, wer du bist? Wie du dich krümmst, wenn du der Macht verfällst, zu ihrem Spielball und Opfer wirst? Willst du wissen, wie du vor Schmerz schreist? Ich, Sigfried Uiberreither alias Friedrich Schönharting, ging hier vom 9. Juni 1938 bis 31. März 1940 meiner Arbeit nach. Ich brachte als Landeshauptmann der Steiermark und in der Ausübung meiner sonstigen Ämter viele Menschen um. Ich tat es nicht alleine. Ich tat es nicht selbst. Ich hatte Mitarbeiter. Wenn du durch das Tor gehst, schäme dich nicht nur für mich. Wer suchte nach mir? Wer stellte mich vor Gericht? Warum hast du geschwiegen? Wer hat dich zum Komplizen gemacht?“1
Nicht nur die Erinnerung an die Vergangenheit, sondern auch ein Auseinandersetzen mit der Gegenwart soll dieses Mahnmal mit sich bringen, wünschte sich Werner Fenz, Leiter des Instituts für Kunst im öffentlichen Raum Steiermark. 2
Die Erinnerung der Vergangenheit wird nicht nur mit dem Aufzeigen der Greueltaten der Täter dargestellt. Ihre Namen, Rollen, Funktionen kommen in den Mittelpunkt der Betrachtung. Was ist mit den Opfern? Wie und Wo haben sie gelebt? Was haben sie beruflich gemacht? Sie werden bei diesem Mahnmal wieder einmal versteckt. Das ist eine Erinnerungskultur an die Täter. Klar, ihre Taten müssen vor den Vorhang des Vergessens, des Verschweigens hervorgeholt werden, unbedingt. Genauso notwendig ist den Opfern eine Bühne in unserem Geschichtsbewusstsein zu geben, denn sie und nur sie haben das Unrechtssystem in Frage gestellt. Den Mitläufer:innen, die weggeschaut haben, die angeblich nichts gesehen haben, die heimlichen Profiteur:innen, müssen in das Antlitz der Opfer sehen, um wie in einem Spiegel die Qualen der Opfer als Synonym ihres eigenes Versagen zu spüren. Vielleicht schafft das Nachdenken darüber ein neues, aktiveres Demokratieverständnis. Natürlich hat dieses Denkmal dahingehend auch eine aufklärende Funktion. Jede und jeder sollte sich fragen „Was will uns dieses Denkmal sagen?“