Rudolfine Fleischner

Artikel zum Rundgang am Urnenhain – verfasst von Brigitte und Werner Drizhal

Mit der Art ihrer Bestattung setzte Rudolfine Fleischner einen letzten, höchst politischen Akt: Die Feuerbestattung war in Wien zu diesem Zeitpunkt ein politischer Zankapfel zwischen Sozialdemokraten und Christlichsozialen und erst seit Kurzem möglich1.

Wie war ihr Leben?

Rudolfine Fleischner wuchs in Mähren in der kinderreichen Familie eines Landlehrers auf.. Sie besuchte eine Volksschule und musste anschließend schon früh für sich selbst sorgen. Als Dreizehnjährige kam sie,  da die finanzielle Situation ihrer Großfamilie stets angespannt war, nach Wien und schlug sich als Haushaltshilfe und Kindermädchen durch. Neben der Arbeit bildete sie sich – unterstützt von einer älteren Schwester – zur Erzieherin aus und arbeitete in der Folge in gutsituierten Haushalten als Erzieherin und Privatlehrerin. Ab den 1890er Jahren war sie in der Heimarbeiterinnenbewegung aktiv und gehörte zu den Begründerinnen des Vereins der Heimarbeiterinnen.

Atrbeiter-Zeitung am 27. Juli 1913, Nr. 204, Seite 16

Als Frauenpolitikerin setzte sie sich vor allem für die politische Schulung, sowie für die Gleichberechtigung der Frauen ein, was sich mitunter bei der Einführung des Frauenwahlrechts im Jahre 1918 als hilfreich erwies.

Rudolfine Fleischner gehörte zu den Gründerinnen der Frauenorganisation Alsergrund und fungierte ab 1916 als deren stellvertretende Obfrau.

Ebenso war sie an der Gründung der lokalen Ortsgruppe der Kinderfreunde, wo sie auch als Betreuerin tätig war, und der Ortsgruppe des Arbeiter-Abstinentenbundes beteiligt.

Weiterlesen

Julius Tandler

Artikel zum Rundgang am Urnenhain – verfasst von Brigitte und Werner Drizhal

Julius Tandler wurde in Iglau 1869 im damaligen Kronland Mähren geboren, besuchte aber das Gymnasium Wasagasse in Wien-Alsergrund. Zwischen 1889 und 1895 absolvierte Tandler sein Medizinstudium in Wien, das er mit der Promotion abschloss1.
Tandler, der seit 1910 einen der beiden Lehrstühle für Anatomie an der Universität Wien innehatte, wurde 1919 Unterstaatssekretär im Volksgesundheitsamt unter Ferdinand Hanusch2.

Gesundheitssituation in Wien um 1920

Die Kinder- und Säuglingssterblichkeit3 war stark angestiegen, viele Kinder waren chronisch unterernährt, um die Welt gingen entsetzliche Bilder von schwerst rachitischen Kindern aus Wien. Infektionskrankheiten wie Tuberkulose oder Syphilis hatten dramatisch zugenommen.

Weiterlesen

Rote Spuren am Friedhof Feuerbestattung Simmering (Urnenhain)

Die Rolle der Feuerbestattung in der Arbeiter:innenbewegung

Unter Bürgermeister Jakob Reumann erfolgte 1922 die Grundsteinlegung zum Krematorium auf dem Wiener Zentralfriedhof gegenüber dem Tor 2. Trotz Versuchen der christlich-sozialen Bundesregierung, unterstützt von der katholischen Kirche, die Inbetriebnahme zu verhindern, wurde das Krematorium am 17. Dezember 1922 eröffnet.

Bei unserem Rundgang informieren wir über die Anfänge der Feuerbestattung unter Bürgermeister Jakob Reumann. Wir besuchen bekannte und oftmals vergessene Gewerkschafter:innen und Sozialdemokrat:innen, die für ein besseres Leben der Arbeiter:innen gekämpft haben.

  • Termin: 25. Jänner 2025 – 11:00 Uhr
  • Treffpunkt: Eingang Krematorium gegenüber dem Tor 2 des Zentralfriedhofs
  • Anreise: Mit der U3 Endstation Simmering und weiter mit der Linie 11 oder 71 bis zu Zentralfriedhof Tor 2.
  • Anmeldung: bitte per E-Mail an rote.spuren@chello.at
  • Alle unsere geschichtlichen Spaziergänge können von allen besucht werden und sind gratis.

Urnenhain – Die Feuerbestattung und Feuerbestattungsverein “Die Flamme”

Das erste Krematorium entstand in Mailand1 dann folgte 1878 Gotha. Dann folgte Zürich (1889), und weitere deutschen Städte wie Heidelberg, Hamburg, Jena und Offenbach. Italien, Frankreich und die USA sind vorangegeangen.2 Unter Bürgermeister Jakob Reumann erfolgte 1922 die Grundsteinlegung zum Krematorium auf dem Wiener Zentralfriedhof gegeüber dem Tor 2. Trotz Versuchen der christlich-sozialen Bundesregierung unterstützt von der katholischen Kirche die Inbetriebnahme zu verhindern, wurde sie am 17. Dezember 1922 eröffnet.
Die erste Einäscherung fand am 17. Jänner 1923 statt. Die Klage vor dem Verfassungsgerichtshof gegen Reumann wurde 1924 zugunsten des inzwischen ehemaligen Bürgermeister entschieden. In seiner Eröffnungsrede meinte Reumann:

Im Laufe des gestrigen Abends ist mir als Landeshauptmann eine Weisung des des Herrn Bundesminister Schmitz zugestellt worden, die ausspricht, dass die Feuerbestattung in Österreich verboten sei. (…) dass also in einer Zeit, in der die demokratisch-republikanische Verfassung in dem freiheitlichen Denken ihr bestes Rüstzeug findet, ein Minister die Weisung gibt, dass die Feuerbestattung unzulässig sei, weil sie nicht ausdrücklich erlaubt ist. (…) Die Bevölkerung ist mündig geworden und wird sich nicht durch willkürliche Anordnungen in ihrer Willensbildung einschränken lassen.3

Aufnahme 2018
Weiterlesen