Es war nur wenig Regen vorausgesagt. Von den angemeldeten 22 Teilnehmer:innen trotzten ein Drittel dem Wetter und machten sich mit uns auf den Weg. Es gab ein Überraschung – ein Zeitzeuge, der ehemalige Vorsitzende des Angestelltenbetriebsrat, schilderte uns die Streik-Erlebnisse der Arbeitnehmer:innen Ende der 80er-Jahre.
Die sogenannte Nervenschlacht beginnt. Bleiben wir uns aber der Tatsache bewusst, dass unsere größte Stärke im gemeinsamen Zusammenhalt besteht und vor allem jetzt, wo vorderhand keine neuen Aktionen gesetzt werden, unsere geschlossene Front nicht durchlöchert werden darf. 1
Betriebsauschuss der Wertheimwerke am 9.12.1976
Brigitte Drizhal interviewt den ehemaligen Betriebsratsvorsitzenden des Angestelltenbetriebsrats der Wertheim-Werke AG und fasst seine Erfahrungen in diesem Artikel zusammen.
In den 70er Jahren waren über 1000 Arbeiter und etwa 430 Angestellte beschäftigt. Der Betriebsrat für die Angestellten und Arbeiter hatte über die Jahre Sozialleistungen ausverhandelt, die bis Mitte der 80er Jahre ausgebaut und zum größten Teil bis heute erhalten werden konnten.
Ende 1975 erklärte die Unternehmensleitung dem Betriebsrat, dass die Firma in wirtschaftlichen Schwierigkeiten sei. Die Belegschaft verzichtete daraufhin erstmals auf eine Forderung nach innerbetrieblichen Lohnerhöhungen und akzeptierte, dass der Personalstand um ca 150 Mitarbeiter durch freiwillige Austritte gesenkt wurde.
Bilanz 1975
Als die Betriebsräte Mitte 1976 die Bilanz für 1975 bekamen, wurde bekannt, dass an die Aktionäre 10 % Dividende ausbezahlt worden war. Zu diesem Zeitpunkt waren auch die Auftragsbücher wieder voll und zahlreiche Überstunden geleistet.
Ein Artikel von Brigitte Drizhal für unseren Rundgang “Arbeiten und Leben am Wienerberg”
Beginn in der Habsburgerzeit
Die Habsburger unter Kaiser Franz I waren dem technischen Fortschritt nicht sehr gewogen. Dessen Politik der ängstlichen Abschottung vor den Neuerungen endeten ca. 1835. 1
So entstanden in Favoriten vor allem ab diesem Zeitpunkt Fabriken, wie z.B. die WAF Automobilfabrik in der Hardtmuthgasse 95, die chemische Fabrik Gustav Wagemann (1850-1904) in der Laaerberg Straße, die Ankerbrot-Fabrik (1893-ca. 2009) – Absberggasse-Puchsbaumgasse, die Firma Casali (1935-1970 in der Laxenburger Str. 137-139) oder die Fa. Heller am Belgradplatz 3-5 (1899-1971). Erst viel später, 1955 entstanden am Wienerberg selbst die Coca-Cola Werke (bis 2013) oder das Philips-Haus an der Triester Straße (Bauzeit 1962-1964).2
Wir starten unseren Rundgang “Arbeiten und Leben am Wienerberg” auf dem ehemaligen Betriebsgelände der Firma Wertheim. Bruno L. war viele Jahre Angestelltenbetriebsrat der Firma Wertheim. Brigitte interviewte ihn zu seinem Wirken als Techniker und Betriebsrat in der Wiener Traditionsfirma Wertheim.
Anfang der 60er-Jahre machte er sich nach Abschluss einer Maschinenbauschule mit einem Freund per Moped auf Arbeitssuche nach Wien. Beschäftigte wurden damals genauso dringend gesucht wie heute. Bei den Wertheimwerken konnten beide sofort beginnen. Umgeben von weissbemäntelten Ingenieuren war seine erste Aufgabe eine zerschlissene Zeichnung neu zu zeichnen.
Sein Weg zum Betriebsrat
Anläßlich einer Betriebsratswahl erkundigte er sich beim damaligen BR-Vorsitzenden was dies sei und worum es dabei geht. Erwin Fischer, der linke Betriebsratsvorsitzende und Mitglied der KPÖ, besuchte ihn zu Hause im Krankenstand, und überzeugte ihn von der Wichtigkeit einer betrieblichen Interessenvertretung. Bald war Bruno Ersatzbetriebsrat und er konnte dank der Unterstützung des Vorsitzenden Schulungen besuchen und war bei Treffen und Gewerkschaftssitzungen dabei. Seine erste Funktion war Mitglied der Fachgruppenleitung Wien im Metallbereich. Seine letzte war die Aufgabe des Vorsitzenden im Ausschuss für Automation und Arbeitsgestaltung in der GPA. Hört mehr von seinem Wirken im Film. Herzlichen Dank an Bruno für das Gespräch.
Heute war Premierenrundgang für unsere Tour in die Geschichte zum “Arbeit und Leben” am Wienerberg. Neben den Proponent:innen (Entwickler:innen) konnten wir drei Gäste begrüßen. Kollegen, die hier ihre Jugend verbracht haben und einen ehemaligen Arbeiter der Wertheimwerke, der 35 Jahre seine Arbeitskraft zur Verfügung gestellt hat.