Amalie Seidel – Die Organisatorin des ersten Frauenstreiks in Österreich

Artikel von Brigitte Drizhal

Amalie Seidel – geborene Ryba – wurde am 21. Februar 1876 in Wien geboren. Ihre Eltern kamen aus Böhmen und nach heutigem Sprachgebrauch würde mab sagen, Amalie war eine Migrantentochter.

Nach sechs Jahren Volksschule besuchte sie ein Jahr die Bürgerschule. Diese war für Mädchen, die nicht aus bürgerlichen Verhältnissen stammen, eigentlich unüblich. Sie muss also sehr klug gewesen sein.  Dennoch musste sie die Bürgerschule verlassen. Die wirtschaftlichen Verhältnisse der Familie – zwangen sie, eine Arbeit bereits mit zwölf Jahren anzunehmen.  Sie wurde Dienstmädchen. Der geringe Verdienst und auch sexuelle Belästigungen zwangen sie, eine Fabriksarbeit anzunehmen.

Bei der Firma Heller & Söhne war sie in einer Appretur-Fabrik tätig. Hier war der Lohn für Amalie Seidel etwas besser als als Dienstmädchen. Doch die Arbeit war für die Frauen hart und schwer. Bei 50 Grad Hitze arbeiten, wenig Luft, geringe Bezahlung, sowie oft mehr als elf Stunden Arbeit.  Dazu kommen noch die Übergriffe von Vorarbeitern. Ihr Vater, ein Schlosser und Sozialdemokrat, nahm sie sehr bald – mit 16 Jahren – zu gewerkschaftlichen Veranstaltungen und in den Gumpendorfer Arbeiterbildungsverein mit. Zudem gab er ihr immer wieder politische Lektüre zum Lesen. So wurde Amalie schon in jungen Jahren Gewerkschafterin und Sozialdemokratin.

Der solidarische Frauenstreik

Angespornt von den Feierlichkeiten zum 1. Mai im Jahr 1893 hielt sie in der Fabrikhalle eine Rede, forderte ihre Kolleginnen auf, für Frauen- und Arbeitsrechte aufzustehen und der Gewerkschaft beizutreten. Der Chef hörte zu, vermutete Aufruhr und warf sie hinaus.  Als sie an dem Tag spätabends nach Hause kam, erlebte sie eine Überraschung. Ihre Kolleginnen warteten auf sie und verkündeten, solange streiken zu wollen, bis sie wiedereingestellt werden würde. Seidel überzeugte sie aber davon, lieber für höheren Lohn, Arbeitszeitverkürzung von dreizehn auf zehn Stunden täglich und die Verbesserung des Arbeitnehmerinnenschutzes zu streiken. Gesagt, getan.  Aber nicht nur diese 300 Frauen

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