Kriegsgefangene und Flüchtlinge in Wagna

Wir sind mit den Rädern Ende Mai am Weg zum Sulmspitz bei Leibnitz unterwegs. Ein/e Geocacher*in hat uns mit dem Listing zu diesem Cache hierher gelockt.

Die Geschichte des Italienischen Friedhofs geht bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts zurück. In Wagna befand sich bis zum Ende des 1. Weltkrieges ein Barackenlager. Ca. 22000 Italiener, die aus Friaul hierher gebracht wurden, befanden sich dort. Aufgrund der damaligen sanitären Verhältnisse starben fast 3000 italienische Gefangene an Cholera, Typhus und Fleckfieber und wurden auf diesem Italienischen Friedhof beigesetzt. Der Italienische Friedhof bildet seit dem eine Gedenkstätte und soll an die schreckliche Zeit des 1. Weltkrieges erinnern.

Krissy97 in Cimitero Italiano
Flüchtlingslager Wagna bei Leibnitz : mit einer Abhandlung über die Alt-Römerstadt Flavia Solva
von Franz Haimel
TUGraz DIGITAL Library

Auf der Homepage von Werner Anzenberger und Peter Veran ist die Entstehungsgeschichte des Lagers dargestellt. Nach den Flüchtlingen aus Ostgalizien (heutige Ukraine) wurden

hier Flüchtlinge aus Friaul und Istrien, bis zu 21.000 Bewohner*innen, die der österreichischen Monarchie nicht treu genug ergeben waren, umgesiedelt. Sie waren im Lager quasi interniert und durften es nur mit Genehmigung zu streng geregelten Zeiten verlassen. Insbesondere betraf dies Teile der italienischen Flüchtlinge.

„Die drittgrößte Stadt in der Steiermark ist kaum über ein Jahr alt. Aber sie hat an Einwohnerzahl Leoben, Bruck, Cilli bereits überflügelt. Sie steht nächst Leibnitz an der Sulm, in einer schönen, fruchtbaren Gegend. Sie wurde erbaut für fremde Kriegsflüchtlinge.“ 

Peter Rosegger, 1916

Nach einem Aufstand der italienischen Gefangenen, ein österreichischer Gendarm hatte im Lager einen Jungen aus Istrien erschossen, kam es zu Lockerungen im Umgang mit den Insassen, und es wurde ihnen freigestellt das Lager zu verlassen.

Sterbebuch des Flüchtlingslager Wagna

In der Zeit des Nationalsozialismus wurden hier im November 1940 mehr als 25.000 Umsiedler aus der Südbukowina (heute Rumänien) untegebracht. Bereits Ende September 1941 hatten die letzten Umsiedler das Lager wieder verlassen. Wikipedia

Kriegsgefangenenlager

Im September 1942 erfolgte die Verlegung des Kriegsgefangenenlagers Stalag (= Stammlager) XVIII B von Spittal an der Drau nach Wagna. Parallel wurden auch Gefangene aus dem Stalag XVIII D (Marburg/Maribor) nach Wagna gebracht. Das Lager existierte jedoch nur wenige Monate und wurde bereits Anfang 1943 nach Pupping in Oberösterreich verlegt.

Die Nutzung des Lagers ab 1945

Mit Kriegsende wurde das Lager erst wieder für Kriegsgefangene benutzt. Nach der Konsolidierung der britischen Besatzungsmacht wurden jedoch eher Zivilisten, sogenannte Displaced Persons, dort untergebracht, darunter auch zahlreiche Juden, die auf den Transfer nach Palästina warteten.

Im Mai 1948 wurde mit rund 4500 zu Versorgenden die höchste Auslastung erreicht, danach ging die Zahl der Bewohner langsam zurück. Über 70 % der Bewohner waren alleinstehende Frauen oder Kinder unter 15 Jahren. Das Lager wurde daher als sogenannte „Fürsorgelager“ geführt und verfügte daher vermehrt über Einrichtungen wie Spitäler, ein Waisenhaus und sogar ein Altenheim.

Zeitschrift des Historischen Vereines für Steiermark Jahrgang 83 (1992) . Flüchtlingslager in der Steiermark 1945 – 155 von Gabriela Stieber.
Ein Projekt der TU Graz