Geschichte im öffentlichen Raum in Tangermünde

Tangermünde liegt an drr Elbe im Landkreis Stendal in Sachsen-Anhalt. Auf unserer Heimfahrt Richtung Österreich machen wir hier Zwischenstation. Eine Kleinstadt mit restaurierten historischen Fachwerk- und Backsteinbauten. Bei einem mehrdtündigen Spaziergang verduchen wir mehr über Geschichte im öffentlichen Raum zu erfahren. Manches lesen wir nach. Unsere Ergebnisse wollen wir euch nicht vorenthalten.

Am alten Rathsus sehen wir eine Frauenstatue an Händen und Füssen mit Ketten.

Nach dem verheerenden Stadtbrand in Tangermünde am 13. September 1617 gehörte Margarete von Minden, eine verarmte Patrizierstochter und Wahrsagerin, zu den der Brandstiftung Verdächtigten, ihr Motiv soll Rachsucht wegen des ihr vorenthaltenen Erbes gewesen sein.. Historiker bezweifeln ihre Beteiligung am Brand. Sie war vielmehr als ein Opfer von Intrige und eilfertiger Justiz, die sie nach Verleumdung und Folter zum Tode auf dem Scheiterhaufen verurteilte. Am 22. März 1619 wurde Grete Minde1 qualvoll hingerichtet.

Das Opernwunder von Magdeburg2
Acht Jahrzehnte lag Eugen Engels „Grete Minde“ in der Schublade. Der Komponist war Jude, wurde im KZ ermordet. Nun ist die Oper uraufgeführt worden. Das ist mehr als bloß eine Wiedergutmachung.

Das Land Sachsen-Anhalt als Ausstellungsort begreifend, werden Orte3 vorgestellt, die Lebenswirklichkeiten und/oder Lebensentwürfe von und für Frauen in unterschiedlichen zeitlichen Bezügen reflektieren.

Entweder über einen biografischen oder über einen örtlichen Zugang ermöglichen sie es, Frauengeschichte zu erfahren, wahrzunehmen und sichtbar (er) werden zu lassen. Mehr noch: auf Bürgerbeteiligung setzend, entstand vor über 20 Jahren ein Netzwerk, das gleichermaßen individuelle wie gemeinschaftliche Spurensuche nach Frauengeschichte als unabdingbaren Bestandteil unserer Landesgeschichte befördert.
Die Sozialdemokration Marie Kettmann 4war die erste Frau im neugewählten Landtag 1918.

Die Nationalsozialisten in Tangermünde

Widerstandskämpfer werden ermotdet

Kurz nach Beginn der NS-Zeit wurden im August 1933 etwa 100 Mitglieder von Arbeiterorganisationen im Rathaus von SA-Männern zusammengetrieben und misshandelt. Ein kommunistischer Bürger erlag den Misshandlungen.

In der Online-Chronikder Stadt steht im Jahr 1933: Die Antifaschisten Fritz Schulenburg und Ernst Drong werden ermordet. Fritz Schulenburg wird am 5.8. von der SS im Stadthaus erschlagen, Ernst Drong wird am 21.02.1933 von der SA zwischen Tangermünde und Stendal erschossen.5

Fritz Schulenburg6
Er wuchs in einer Arbeiterfamilie mit sechs Geschwistern auf. Er arbeitete nach dem Besuch der Volksschule als Wald- und Landarbeiter in Jerichow und Umgebung. Ende März 1920 trat S. der KPD-Ortsgruppe Jerichow bei und wurde einer ihrer Organisatoren. Im Juli 1931 beteiligte er sich an den antifaschistischen Sturmfahrten in die Altmark, um die Landbevölkerung über den Nationalsozialismus aufzuklären. Ab 1933 setzte Fritz7. die Aufklärungsarbeit in der Illegalität fort. Eine Methode bestand darin, mit einem Koffer durch die Jerichower und Tangermünder Straßen zu gehen. In den Kofferboden wurden die Losungen

“Gegen Faschismus” und “Nieder mit Hitler” eingeschnitzt, die Böden wurden mit Farbe getränkt, die Koffer abgesetzt, und zurück blieben die Losungen auf dem Bürgersteig. Im Juli 1933 verhaftet und von der SS in das Gefängnis Tangermünde gebracht, war S. brutalen Mißhandlungen und Folterungen ausgesetzt, an deren Folgen er starb. Er fand sein Grab auf dem Tangermünder Friedhof, den die Angehörigen erst 1945 wieder betreten durften. Hier wurde eine Gedenkstätte eingerichtet.

Im Ortsteil Billberge gibtes  zur Erinnerung an zwei namentlich bekannte Polen, die während des Zweiten Weltkrieges nach Deutschland verschleppt wurden und Zwangsarbeit verrichten mussten. Wegen verbotener Kontakte zu deutschen Frauen wurden sie 1942 erhängt.

Tangermünde erhält seine ersten Stolpersteine8

In der ARD-Mediathek gibt es dazu einen Film, der bis 2.6.2025 verfügbar ist.

Am Rückweg zum Stellplatz entdeckte Brigitte diese Stolpersteine

Mehrere jüdische Familien lebten, zumeist bis 1939, als anerkannte Mitbürger in der Stadt, übten ein Gewerbe aus. Zwei der bekanntesten sind die Familien Markus und Bernhard.

Paul Bernhard, geboren 1874, betrieb an der Langen Straße 20 bereits das größte und modernste Kaufhaus der Stadt und lebte mit seiner Frau Lilly und den Kindern Hilde und Heinz im Obergeschoss des Kaufhauses (Foto). In der Reichspogromnacht wurde das Haus von SA-Männern beschmiert und beschädigt.

Nach 1945

Für die Opfer des Stalinismus gibt es in Tangermünde kein namentliches Gedenken. Diese Personen wurden ohne gerichtliche Verfahren verhaftet, verschwanden in Lagern und Informationen zu den dort Verstorbenen wurden bis zum Ende der DDR nicht erteilt.


Quellenverzeichnis

  1. Grete Minde die Novelle in Wikipedia ↩︎
  2. Die Welt am 15.2.2022 ein Artikel von Manuel Brug ↩︎
  3. FrauenOrte – Frauengeschichte in Sachsen-Anhalt. – Hier können Sie in über eintausend Jahre sachsen-anhaltische Frauengeschichte(n) eintauchen …- ↩︎
  4. Die ersten FrauenStimmen aus der Region Sachsen-Anhalt in Parlamenten der Weimarer Republik (Vortrag vom 01.03.2011) von: Dr. Elke Stolze ↩︎
  5. Online-Stadtchronik der Stadt Tangermünde ↩︎
  6. Wikipedia – Fritz Schulenburg – deutscher Arbeiter und Widerstandskämpfer ↩︎
  7. Foto von ihm: F. S. – ein aufrechter Antifaschist, Kommunist und Bürger der Stadt Jerichow. Eine Familienchronik, Ms. 1988 (Günther Schulenburg, Parchen). Bildquelle:  Günther Schulenburg ↩︎
  8. Allgemeine Zeitung – online. de am 18.05.2024, ↩︎

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert