Die „Bomätscher“ an der Elbe

Wir besuchen das Elbschifffahrtsmuseum in Lauenburg. Nach dem zweiten Frühstück gehen wir gut gestärkt zur Ausstellung, wo wir nett empfangen werden und wir eine kurze, prägnante Übersicht über die Ausstellungen des Hauses bekommen. Die Ausstellung zeigt mit Exponaten, Filmen und Fotos die verschiedenen Epochen und damit verbundene Bedeutung der Schifffahrt auf der Elbe. In diesem Beitrag werfen wir den Scheinwerfer auf jene Menschen, die allein mit ihrer Körperkraft die Schiffe stromaufwärts zogen.

Viele Bewohner der Elbstädte erinnern sich gewiß noch mit leisem Schauder an die früheren Zustände der Elbschifffahrt, an jene gar nicht so fernen Zeiten, in denen ein merkwürdiges Menschengeschlecht an den Elbufern hauste, eine aus Tausenden von Personen bestehende Gesellschaft, welche sich der Aufgabe widmete, diejenigen Schiffe, welche stromaufwärts fahren mußten und in der gewaltigen Strömung weder durch Rudern noch durch Segeln vorwärts gebracht werden konnten, durch das sogenannte „Treideln“ stromaufwärts zu ziehen.1

Bomätscher ist eine sächsische Bezeichnung für Schiffszieher oder Treidler2. Am Rande der Elbe befanden sich gepflasterte Bomätscherpfade, auf denen die Bomätscher ihrer Arbeit nachgingen.

Die „LAST“ der Elbe

Der hinterste Bomätscher hatte neben dem Ziehen noch die Aufgabe, die Zugleine mit einer hölzernen Gabel über die Steinblöcke, Weiden, Schiffsmühlen und weitere Hindernisse zu heben. Der vorausgehende König gab während der Arbeit für ihren rhythmischen Gesang den Ton an. Das Bomätscherlied erklang in langgezogenen Tönen.

Heia hebei, hebei heia!
Schifflein fahre sanft und wahre uns vor nassem, kühlem Bad!
Heia hebei, hebei heia!
Schifflein schwimme, unsre Stimme soll die Marschtrompete sein!

Das Bomätscherlied deutet an, dass das Schiffsziehen lebensgefährlich war. Oft trieben starke Strömungen das Schiff rückwärts oder seitwärts zur Flussmitte. Das Schiff riss dann die Bomätscher mit sich in die Elbe hinein.

Der Mensch als Arbeitstier – Verurteilt und ausgebeutet

In den Habsburgischen Erblanden wurde von 1783 bis 1790 Schiffziehen als Strafe verhängt, nachdem Joseph II. die Todesstrafe im Rahmen der Josephinischen Strafgesetzreform so gut wie abgeschafft hatte. Von den 1173 Sträflingen, die zwischen 1784 und 1789 zum Treideln verurteilt worden waren, starben 721 bis zum Jahr 1790.3

1 PS entspricht der Leistung, die erbracht werden muss, um einen Körper von 75 kg entgegen der Schwerkraft mit einer Geschwindigkeit von 1 Meter pro Sekunde zu bewegen. Die Dauerleistung eines Menschen beträgt 0,14 PS. Der Mensch kann damit durchschnittlich 10,5 kg hochziehen.4

Quellenverzeichnis

  1. Berufe dieser Welt aus ‚Die Kettenschifffahrt auf der Elbe‘ von August Voldt – Die Gartenlaube, 1882 ↩︎
  2. Wikipediaeintrag ↩︎
  3. Wikipediaeintrag zum Treideln ↩︎
  4. Die Fotos stammen alle aus dem Elbschifffahrtsmuseum in Lauenburg aufgenommen von Werner Drizhal ↩︎