Bei unserr Studienreise in Krems hatten wir Gelegenheit den Buchautor Karl Reder kennen zu lernen. Der studierte Handelswissenschaftler, der sich in seiner Studienzeit zusätzlich mit Ur- und Frühgeschichte und Skandinavistik studierte hatte, gewährte uns bei einem Rundgang Einblick in das Verbrechen dem “Massaker im Zuchthaus Stein”.

An der Schwelle zur Freiheit sind 386 Opfer
des Hitler-Faschismus am 6. April 1945 im Kerker
zu Stein niedergemetzelt worden
FÜR FRIEDEN UND FREIHEIT
NIEMALS VERGESSEN1

Das Buch liefert erstmals einen Einblick in die damalige Häftlingsgesellschaft und zeigt gleichzeitig auch die Auswirkungen der weiteren Radikalisierung der deutschen Justiz mit Beginn des Zweiten Weltkriegs auf den Strafvollzug und den Arbeitseinsatz der Gefangenen. Ergänzend dazu widmet sich Reder auch dem „Massaker im Zuchthaus Stein“ und der Ermordung von Justizhäftlingen im Raum Krems im April 1945. Bis zu 500 Insassen verloren dabei an der Schwelle zur Freiheit ihr Leben.
CLIO Graz 2024,
ISBN 978-3-903425-20-0
Während der ersten Phase des Massakers, dem Blutbad im Ökonomiehof, kam eine kleine Gruppe von zehn bis zwölf mit automatischen Waffen aufgerüsteten Wehrmachts- und SS-Leuten zum Einsatz. Diese Schießerei dauerte etwa 15 Minuten. Dann galt der Ökonomiehof als militärisch gesichert, das heisst, der Boden war mit toten und sterbenden Häftlingen übersäht.2


Mit Karl Reder besuchten wir das Projekt “06.04.45” an der Außenmauer der Jstizanstalt. Die Künstlerin Ramesch Daha macht hier den Versuch, der “Unfassbarkeit des Ereignisses durch die schiere Größe ein Gesicht zu geben.” Leider gibt es bei der Übertragung der Namensliste historische Ungenauigkeiten3.


Zur Ehre unserer
ANTIFASCHISTEN
die als Politische
HÄFTLINGE aus GRIECHENLAND
in das ZUCHTHAUS
STEIN gebracht,
am 6. IV. 1945
von der WAFFEN-SS
ermordet wurden.Griechisches
Antifaschistisches
Komitee – Wien
Die zweitgrösste Gruppe an Häftlingen im Steiner Kerker hatte griechische Wurzeln. Von den 370 Männern wurden 95 % von deutschen Feldgerichten zu Zuchthausstrafen am Balkan verurteilt und im Februar 1944 ins Deutsche Reich deportiert.
Am Bahnhof von Larissa stiegen wir in die Transportwaggons – wir durchquerten ganz Europa bis Znaim – von dort ging es weiter bis Stein.4
Der dringende Bedarf der deutschen Kriegswirtschaft nach Zwangsarbeitern machte die Deportation quer durch Europa notwendig.
Einer von fast 400 Griechen

Gerasimos Garnelis ist einer von fast 400 Griechen, die in Stein inhaftiert sind. Dort landet er, nachdem man ihn in Athen zum Tode verurteilt hat. Wegen Sabotage und bewaffneten Widerstands.
Das Massaker von Stein am 6. April überlebt Garnelis auf dem Leichenhaufen. Bis zum 8. Mai verstecken sich mehr als zehn zum Teil schwerverwundete Häftlinge – ohne ärztliche Versorgung in der Krankenabteilung des Zuchthauses.
Nach dem Ende des Krieges kann Garnelis wegen des Bürgerkrieges in Griechenland nicht mehr zurück in seine Heimat. Er arbeitet im „griechi-schen antifaschistischen Komitee” in Österreich. In Krems organisiert er Kulturveranstaltungen, veranstaltet Boxturniere, eröffnet ein Elektrogeschäft und wird Präsident des Fußballklubs FC Stein. Über seine Erlebnisse im Zuge des Massakers erzählt er nur guten Bekannten und Freunden.
Gerasimos Garnelis stirbt mittellos. Wer für seine Bestattung aufkommt, ist tagelang nicht geklärt. Nach Presseartikeln bereitet man ihm doch noch ein würdiges Begräbnis.
Robert Streibel, März 20165

Gleich neben dem Eingang des Friedhofs in Stein befindet sich ein Grabmal für die Opfer des Massakers vom 6. April 1945. Die Exhumierung der Ermordeten begann im Jänner 1950 und ihre Beisetzung dauerte elf Tage, in denen die Stadt schwarz beflaggt blieb. Lediglich bei 112 der 321 Leichen ließ sich die Identität feststellen, ihre Namen werden jedoch auf dem Denkmal nicht genannt6.
Wir erreichen die Denkmäler bei voller Dunkelheit am Friedhof in Stein. Deshalb verwenden wir ein Foto von der Gedenkfeier im April 2025
Quellenverzeichnis:
- Inschriften am Ehrenmal am Friedhof in Stein ↩︎
- Karl Reder, Tod an der Schwelle der Freiheit, CLIO Graz 2024, ISBN 978-3-903425-20-0, Seite 273 ↩︎
- Karl Reder, Tod an der Schwelle der Freiheit, CLIO Graz 2024, ISBN 978-3-903425-20-0, Seite 486 ff. ↩︎
- Die gekürzte Schilderung von Niko Mavrakis im Buch Karl Reder, Tod an der Schwelle der Freiheit, CLIO Graz 2024, ISBN 978-3-903425-20-0, Seite 129 ↩︎
- Inschrift von der Tafel. ↩︎
- KremsMachtGeschichte ↩︎