Die Wiener Handelskammerbeziffert 1894 das zur Bestreitung der notwendigsten Bedürfnisse erforderliche Jahresnindesteinkommen für einen ledigen Arbeiter mit 416 – 478 Gulden, was einem Wochenlohn von 8 – 10 Gulden entspräche.
Heimarbeiterinnen verdienten pro Tag 2 Gulden. Allerdings wurden ihnen Abzüge aus Beanstandung (bis zu 50 %), der Ausfall schwankender saisonbedingter Auftragslage abgezogen. Nicht berücksichtigt wurden die Preissteigerung wurden oftmals 20 %igen Prerissteigerungen wichtiger Lebensmittel.1
Bei einem Rundgang zu “Revolution in Wien” mit Gernot T. kamen wir am Königstetter Hof vorbei.
Wer war Käthe Königstetter, nach der der Hof benannnt wurde?
Als Heimnäherin lernte Käthe Königstetter die besondere Not dieser Berufsgruppe am eigenen Leib kennen. Käthe Königstetter war die Initiatorin des sozialdemokratischen Vereins “Näherin”, aus dem sich schließlich die Organisation der Heimarbeiterinnen entwickelte.
Käthe Königstetter wurde am 17. April 1874 als ältestes von vier Kindern eines Eisenbahnbediensteten in Wien geboren.2
Die aus ärmsten Verhältnissen stammende Königstetter, die keine besondere Schulbildung genoss, brachte sich ihr großes praktisches Wissen weitgehend selbst bei. Sie lehrte ihre jüngeren, nachfolgenden Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die sie zur Parteiarbeit heranzog, selber an. Königstetter, die lange Zeit die einzige Angestellte des
Vereines der Näherinnen war, hielt in dieser Funktion vielbeachtete Referate. Ihre Organisationstätigkeit konnte Königstetter immer mehr erweitern, wobei aus dem Verein der Näherinnen die Heimarbeiterinnenorganisation mit einigen Ortsgruppen, einer Arbeitsvermittlung und einer Zeitung wurde.
Im Protokoll der Gewerkschaftskommissionssitzung vom 10. Juni 1898 heisst es:
Die Gewerkschaft der Näherinnen teilt mit, dass der Verein Fortschritte macht, und ersucht um Unterstützung durch Bücherspenden.3
Umwandlung des Vereins der Näherinnen in einen Reichsverein der Heimarbeiterinnen 1902
Anna Boschek gibt bekannt, dass sich der Verein der Näherinnen in einen Reichsverein der Heimarbeiterinnen umgewandelt hat. Zur Unterstützung werden 40 Kronen bewilligt.4
Sie war Delegierte beim V. Gewerkschafts-Kongress von 21. – 25. Oktober 19075
Erste Ausgabe der Zeitung 19136
Käthe setzte sich beispielsweise für höhere Lohntarife und geregelte Arbeitszeiten für Hausarbeiterinnen und Wäscherinnen ein. Käthe Königstetter trat nicht als große Rednerin in Erscheinung, sondern unterstützte die Sozialdemokratische Partei zuverlässig, indem sie beispielsweise Flugzettel austeilte, die von Franz Schuhmeier herausgegebene “Volkstribüne” unter die Leute brachte oder Mitgliedsbeiträge einholte. Sie wurde schließlich Funktionärin in der Bezirksorganisation Fünfhaus und von dieser bei den Gemeinderatswahlen 1919 als Kandidatin aufgestellt7.
Urlaub auf dem Sonntagsberg – Ein Erholungsheim für die Hausgehilfinnen
Ein Artikel von Käthe Königstetter
Immer größer wird die Zahl der Menschen, die sich für die Freiheit der Hausgehilfin interessieren und mitarbeiten wollen, daß ihr der wohlverdiente Urlaub werde. Da gibt es nun eine Arbeitsgemeinschaft, die aus Funktionären der Genossenschaftsbewegung besteht. Sie besitzt ein wunderschönes Erholungsheim auf dem Sonntagsberg. Wie wohl fühlten sich die wenigen Hausgehilfinnen, die heuer dort ihren Urlaub verbringen konn- ten! Herrlich ist die Aussicht, die dort zu genießen ist. Gegen Norden, weit hinauf bis zur Donau, links der Pöstlingberg bei Linz, rechts der Blick bis nach Maria-Taferl. Im Osten grüßt der Ötscher, im Süden die Hochschwabgruppe. Oft zeigte uns ein Abendspaziergang den Schneeberg und die Rax…Die zweiundzwanzig Hausgehilfinnen auf dem Sonntagsberg sind erst ein kleiner Anfang. Aber doch ein Anfang, auf den wir stolz sein können. Wenn erst alle Mädchen und Frauen geschlossen zu ihrem Berufsverband stehen würden, käme die Organisation bald in die Lage, aus eigenen Mitteln Heime zu bauen, die Sonne, Freude und Gesundheit in die Urlaubswochen der Hausgehilfinnen trügen8.
Die Gründung einer Funktionärinnenschule9
Käthe Königstetter gehörte als Abgeordnete für den 15. Bezirk für vier Legislaturperioden, von 22. Mai 1919 bis 12. Februar 1934, dem Gemeinderat der Stadt Wien und dem Wiener Landtag an. Sie war zunächst im sozialpolitischen Ausschuss und im Ausschuss für Wohlfahrtseinrichtungen, Jugendfürsorge und Gesundheitswesen tätig; in der letzten Legislaturperiode arbeitete sie im Gemeinderatsausschuss für Finanzwesen. Käthe Königstetter zählte zu den ersten weiblichen Gemeinderatsmitgliedern.
Quellenverzeichnis
- Angaben nach Ernst Berner: Das Rothe einmaleins oder so leben wir, Wien 1899 im Buch “Arbeiterinnen kämpfen um ihr Recht” von Friedrich G. Kürbisch und Richard Klucsarits (Hrsg.), Peter Hammer Verlag, Wuppertal 1981, ISBN 3-87294-083-1, Seite 94 ↩︎
- Wikipedia ↩︎
- Sitzungsprotokolle der Gewerkschaftskommisssion Österreichs von 7. Mai 1895 bis 31. Dezember 1906, Wien 1907, Protokoll vom 10. Juni 1898, Seite 52 ↩︎
- Sitzungsprotokolle der Gewerkschaftskommisssion Österreichs von 7. Mai 1895 bis 31. Dezember 1906, Wien 1907 – Protokoll vom 28. März 1902, Seite 101 ↩︎
- Rechenschaftsbericht der Gewerkschaftskommission – Protokoll des Gewerkschaftskongresses in Wien von 21.- 25. Oktober 1907, Verlag von A. Hueber, Wien 1907, Seite 253 ↩︎
- Digitales Archiv der ÖNB, Organ des Vereins der Haus- und Heimarbeiterinnen, 1913, Seite 1 und 4 ↩︎
- Geschichte Wiki Wien ↩︎
- Digitales Archiv der ÖNB, Vereinsblatt der Heim- und Hausarbeiterinnen, 1. November 1928, Seite 5 ↩︎
- Digitales Archiv der ÖNB, Vereinsblatt der Heim- und Hausarbeiterinnen, 1.Juli 1931, Seite 7 ↩︎