Geschwister Mandl – Ihr Leben der Gemeinde Arbesbach „geopfert“

Ein Mitglied der Roten Spuren, Heinz S., sendete uns zwei Fotos über die Familie Mandl in Arbesbach zu. Die Geschwister Mandl leisteten vielfach unentgeltlich medizinische Hilfe für die Bevölkerung in einer Zeit, die von Armut, Arbeitslosigkeit und Hunger geprägt war. Über den Tod und dem Begräbnis von Dr. Siegfried Mandl gibt es unterschiedliche Aufzeichnungen.

Er ist am 6. Juli 1864 in Müglitz in Mähren” (Mohelnice, heute in Tschechien) nahe Olmütz auf die Welt gekommen. Die “Volksschule absolvierte er in Ragendorf” (nun Rajka im Nordwesten Ungarns), das Realgymnasium in Wien (Kleine Sperlgasse im 2. Bezirk), ebenso wie das Medizinstudium; “die Promotion war 1889”.1
Laut “Niederösterreichischer Ärztechronik” war Mandl anschließend im Rudolfspital sowie als Gemeindearzt in der Donaumetropole tätig.

Armenarzt in der Leopoldstadt

Er setzte sich für die untersten Schichten der Bevölkerung ein. Sein Rayon lag in der damals tristen Gegend zwischen Augarten und Donau im heutigen 20. Bezirk (einst zur Leopoldstadt gehörig).

Die katastrophalen Zustände, die Dr. Mandl dort zu sehen bekam, dürften ihn in seinem sozialen Engagement bestärkt haben, das ihn auch später als Landarzt auszeichnete. (Artikel)2

In einer in der “Arbeiter-Zeitung” veröffentlichten Annonce wird er 1894 als Vereinsarzt der Allgemeinen Arbeiter-Kranken- und Unterstützungskasse in Wien genannt.3

Mit einer Zwischenstation in Eisgarn bei Litschau/NÖ wurde er schließlich Gemeindearzt in Arbesbach. Außerdem betreute er die Orte Altmelon, Griesbach, Pretrobruck, Purrath, Rammelhof und Wiesensfeld mit. Seine Wohnung und Ordination waren in Arbesbach 16″, dem “Alten Amtshaus”, untergebracht.
Dort lebten der Junggeselle Mandl und seine zwei Schwestern in einer Gemeindewohnung, die sie auch nach der Pensionierung des Arztes 1926 noch nutzen durften. Aus Dankbarkeit für sein vieljähriges Wirken wurde er 1926 zum Ehrenbürger4 ernannt. Im November 1933 wird unter den amtlichen Nachrichten sein Praxisverzicht bekannt gegeben.5

Antisemitismus in Arbesbach

Die jüdische Familie Mandl war in Arbesbach antisemitischen Attacken ausgesetzt. Anfang Mai wurde Gisela Mandl von den Nazis von Arbesbach in das Konzentrationslager Theresienstadt deportiert, wo ihr Todestag mit 31.5.1944 vermerkt ist.6

Im Völkischer Beobachter7 vom 25. Juni 1943 wird eine sogenannte Einziehungserkenntnis für Gisela Mandl, geboren am 23.9.1872, wohnhaft in Arbesbach 16, bekannt gegeben.

Dr. Mandl sollte am 5. Mai 1939 von den Nazi-Schergen abgeholt werden. Er nahm in der Nacht vor seiner Abholung mehrere Tabletten und fügte sich eine Tablettenvergiftung zu, um nicht ins KZ zu kommen. In den Morgenstunden des 5. Mai erlag er seiner Vergiftung. Über sein Begräbnis gibt es zwei sehr unterschiedliche Darstellungen. Auf einer Gedenktafel heisst es :

Aus dem Archiv der Marktgemeinde Arbesbach – Inschrift auf der öffentlichen Gedenktafel

In anderen Aufzeichnungen liest man:

Mit einem Mistwagen wurde der Leichnam sofort auf den Friedhof gebracht. Aus Angst vor den Nazis wollte keiner den beliebten Arzt auf seinem letzten Weg begleiten.8


Quellenverzeichnis

  1. Wiener Zeitung vom 4.3.2022 – Die letzten Tage des Doktor Mandl ↩︎
  2. ÖNB. digitales Archiv – Wiener Zeitung vom 19. April 1896, Seite 4 ↩︎
  3. ÖNB– digitales Archiv – Arbeiter Zeitung, Inserat am 1. Mai 1894, Seite 10 ↩︎
  4. MeinBezirk.at vom 16. Juli 2017 – Heidemarie Rottermanner, Keiner wollte ihn auf seinem letzten Weg begleiten ↩︎
  5. ÖNB – digitales Archiv – Medizinische Klinik, Anzeigenheft 48 von 1933 ↩︎
  6. Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands ↩︎
  7. ÖNB – digitales Archiv, Völkischer Beobachter vom 25. Juni 1943 ↩︎
  8. Keiner wollte den beliebten Arzt auf letztem Weg begleiten ↩︎