Auf Spurensuche in Triest

Unser erster Eindruck von Triest ist geprägt von einem heftigen Südsturm, der das Meerwasser in den Golf von Triest drückt und der Hauptplatz „Piazza Unità d’Italia“ ist samt Mole überschwemmt. Die Wettervorhersage hat recht und bis Mittag bessert sich das Wetter. Beim klassischen Stadtrundgang mit einer Reisegruppe haben wir wenig Zeit auf Symbole und Spuren der ArbeiterInnengeschichte zu achten. Eine paar “Erinnerungssplitter” haben wir eingefangen.

So hat sich Italien nach 1918 im Zuge der Neuordnung Europas das gemischtsprachige Istrien (heute überwiegend slowenisches und kroatisches Staatsgebiet) sowie Teile Dalmatiens (heute Kroatien) unter den Nagel gerissen, und der faschistische Diktator Benito Mussolini hat gerade hier und in der traditionell vielsprachigen ehemaligen K.-u.-k.-Hafenstadt Triest in den 1920er und 1930er Jahren die Zwangs-Italianisierung durch das Verbot des Slowenischen/Kroatischen und der Auflage, nicht italienisch klingende Familiennamen zu ändern, brachial durchgesetzt.1

Digitales Archiv der Österreichischen Nationalbibliothek, die Zeitung „Der Abend“ am 12.9.1930, Seite 4

In Triest lag hier der Fokus der Faschisten zuerst auf der slowenischen Minderheit. Triests Vorgänge gegen diese, Verbot von slowenischen Vereinigungen und Versammlungen, machten es zum Zentrum der jungen faschistischen Bewegung. Es wurden immer mehr Verbote verhängt und es kam zu gewaltsamen Auseinandersetzungen, welche ihren Höhepunkt mit dem Anschlag auf das slowenische Gemeindezentrum am 13. Juli 1920 hatten.2  

Piazza Unità d’Italia mit dem Palazzo del Municipio

Zwischen dem neunzehnten und zwanzigsten Jahrhundert verzeichnete die Stadt einen ständigen Zustrom von Juden, die vor den Pogromen Osteuropas und Russlands flohen und nach Palästina oder Amerika zogen. Bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkriegs war Triest der wichtigste Einschiffungshafen für Israel, um den Titel „Shaar Zion“, „Tor von Zion“, zu tragen.3

Wir entdecken auf dem Piazza Unità d’Italia Stolpersteine und eine Gedenktafel, die hier an den Schandfleck des faschistischen Regime und der Monarchie erinnert.

Im September1938 verkündet Mussolini auf der Piazza dell’Unitá d’Italia, dem großen Stadtplatz Triests direkt am Meer, vor einer jubelnden Menge die Rassengesetze. Ihr Eigentumsrecht ist begrenzt, und rückwirkend wird denjenigen, die es nach 1919 erhalten haben, die italienische Staatsbürgerschaft entzogen, wodurch etwa 500 Staatenlose ohne Schutz geschaffen werden, die sogar nicht auswandern können, weil ihnen Pässe fehlen.

Passend zu dieser Zeit fanden wir ein Denkmal des politisch dubiosen Gabriele D’annunzio, der in seinen letzten Lebensabschnitten mit den Faschisten kooperierte.

D’Annunzio engagierte sich oft politisch. Im Jahre 1897 wurde er in einem Regionalparlament Abgeordneter der Konservativen, nahm es mit den politischen Ausrichtungen aber nicht zu genau. Er war ein begeisterter Kriegsbefürworter und in den letzten Kriegstagen des Ersten Weltkriegs warf er als Pilot Flugblätter über Wien ab, wo er den Sieg der Italiener feierte.
Nach Kriegsende führte er im September 1919 eine Gruppe Freischärler, die so genannten Arditi, sowie Teile der regulären italienischen Armee bei der Besetzung der Adria-Stadt Fiume an, das Waffenstillstandsabkommen unterlaufend. 1920 beendete Italien die Besetzung von Fiume.
1924 wurde er auf Vorschlag der italienischen Faschisten geadelt. D’Annunzio ließ sich von der faschistischen Regierung bis zu seinem Lebensende seinen weiterhin aufwändigen Lebensstil finanzieren.4

Nach 1945

Ab Juli 1944 wurden Militärangehörige zur Entminung von ehemaligen Kampfgebieten eingesetzt. In den folgenden Jahren beteiligten sich sowohl militärische als auch zivile Freiwillige an der Durchführung der Entminungsarbeiten. Zahlreiche Freiwillige wechselten sich in dieser gefährlichen Tätigkeit ab, die von zahlreichen Unfällen überschattet

wurde: Der schwerste ereignete sich im September 1945 in Lisert, als 17 Freiwillige und ein britischer Offizier bei der Lagerung des in Triest und den umliegenden Gebieten geborgenen explosiven Materials ums Leben kamen. Dieses Denkmal erinnert an die Menschen, die bei dieser Arbeit ums Leben kamen.5

Die Vergaola-Explosion in der Nähe von Pula töte mehr als 100 Menschen. Während einer Sportveranstaltung detonierten sichergestellte Munition, die vom Meer an Land gespült wurde und hier sicher verwahrt wurde. Eine anschließende militärische Untersuchung des Vorfalls stellte fest, dass absichtlich von einer oder mehreren unbekannten Personen die Munition zur Explosion gebracht wurde. Diese Gedenktafel entdeckten wir dazu in Triest.6

Die Weltpresse am 20. August 19467 – Seite 1 – Die Anzahl der Toten stieg in den folgenden Tagen.
Vor dem Rathaus steht der Brunnen „Fontana dei quattro continenti“ – Brunnen der vier Kontinente. Als er 1750 errichtet wurde, hatten die Europäer noch nicht begriffen, dass Australien ein Kontinent war.

Quellenverzeichnis:

  1. taz – Kriegsgeschichte in Norditalien: Kompliziertes Gedenken in Triest ↩︎
  2. Zum-Projekte: Erinnerungskultur in Triest ↩︎
  3. GHETTO EBRAICO 1 – TRIESTE – YESTOUR … DAS PORTAL DER TOURISMUSABTEILUNG DER FIRMA GAP GMBH ↩︎
  4. Wikipedia ↩︎
  5. 192083 – Monumento ai Rastrellatori di ordigni bellici – Trieste ↩︎
  6. Vergarola explosion – Wikipedia ↩︎
  7. Digitales Archiv der Nationalbibliothek, die Weltpresse am 20. August 1946, Seite1 ↩︎

Anhang