101 Jahre SPÖ Walding

Am 1.Juli feiert die SPÖ-Walding ihre 101jährige Geschichte. Wir als Verein wurden angefragt auf Basis der Artikel, die auf unserem Blog erschienen sind, bei dieser Veranstaltung mitzuwirken.
In einem Interview geführt durch den Parteivorsitzenden werden wir drei Grundüberlegungen die bei der Gründung der sozialdemokratischen Parteiorganisationen eine Rolle gespielt haben erörtern.

  • Befreiung aus der politischen Rechtlosigkeit
    • Was waren die Gründungsprinzipien der Sozialdemokratischen Partei?
    • Was braucht man für die Umsetzung dieser Prinzipien?
  • Wahlrecht
    • Wie verliefen die Landtagswahlen für die Sozialdemokratie in Walding?
    • Aufhebung der Gemeinderatswahl 1929
  • Wir schaffen ein neues Miteinander – eine neue, demokratische Gesellschaft!
    • Welche Veranstaltungen prägten das Bild der SPÖ-Walding in der Ersten Republik?
    • Welche sozialdemokratischen Vereine gab es in Walding?

BEFREIUNG AUS DER POLITISCHEN RECHTLOSIGKEIT

  1. Was waren die Gründungsprinzipien der Sozialdemokratischen Partei?
    1. Internationalität
      (Die sozialdemokratische Arbeiterpartei in Österreich ist eine internationale Partei, sie verurteilt die Vorrechte der Nationen ebenso wie die der Geburt, des Besitzes und der Abstammung und erklärt, dass der Kampf gegen die Ausbeutung international sein muss wie die Ausbeutung selbst.)
    1. Wahlrecht
      (allgemein, direkt, gleich und unmittelbar) – die wirtschaftliche Befreiung bedarf dieses Wahlrechts
    1. Vergesellschaftung, Verstaatlichung, gemeinsamer Besitz der Produktionsmittel
      (Der Übergang der Arbeitsmittel in den gemeinschaftlichen Besitz der Gesamtheit des arbeitenden Volkes bedeutet also nicht nur die Befreiung der Arbeiterklasse, sondern auch die Erfüllung einer geschichtlich notwendigen Entwicklung.)
    1. Soziale Besserstellung der Arbeitnehmer*innen
      (Soll noch innerhalb des Rahmens der heutigen Wirtschaftsordnung das Sinken der Lebenshaltung der Arbeiterklasse, ihre wachsende Verelendung einigermaßen gehemmt werden, so muss eine lückenlose und ehrliche Arbeiterschutzgesetzgebung (weitestgehende Beschränkung der Arbeitszeit, Aufhebung der Kinderarbeit u.s.w.), deren Durchführung unter der Mitkontrolle der Arbeiterschaft, sowie die ungehinderte Organisation der Arbeiter in Fachvereinen, somit volle Koalitionsfreiheit angestrebt werden.)

  2. Was braucht man die Umsetzung dieser Prinzipien?
    1. Parteiorganisationen
      (Am 29. Jänner 1922 fand in Grubers Gasthaus „zur Post“ um 10 Uhr vormittags die Gründungsversammlung der SPÖ Lokalorganisation „Walding und Umgebung“ statt. Genosse Robert Wanek aus Linz schilderte in einem ausführlichen Referat den Zweck und Nutzen der sozialdemokratischen Parteiorganisation). – Tagblatt am 15. Februar 1922, Seite 6 – siehe Plakat mit den Funktionär*innen
    1. Bildung – Zitat Victor Adler vor dem Gumpendorfer Arbeiterbildungsverein
      (“Das was man gewöhnlich unter Bildung versteht, das was die bürgerliche Gesellschaft als Bildung anerkennt, das ist vor allem die Fähigkeit, korrekt zu schreiben, korrekt zu reden, korrekt zu essen und sich korrekt anzuziehen.
      Dazu muss man noch ein Quantum von Dichtern, Komponisten und Philosophen dem Namen nach kennen und muss beiläufig wissen, wann man im Theater “Bravo” zu rufen hat. – Das ist die Bildung der bürgerlichen Gesellschaft.
      Wir verlangen von euch keinerlei Korrektheit, wir verlangen von euch nichts als Selbsterkenntnis. Darüber nachzudenken wie ihr geworden seid und was aus werden soll, euer Verhältnis zur Gesellschaft geistig zu erfassen, das nenne ich Bildung. Und auf eine noch höhere Bildung gelangt ihr, wenn einmal die Erkenntnis den Willen geweckt hat, wenn aus dem Bewusstsein Produkte der Gesellschaft zu sein, das bewusste Streben erwächst, ihre Herren, ihre Former und Lenker zu werden.)”
    1. Eine andere Schule       
      Die Kinder und Jugendlichen dürfen nicht zu Untertanen, sondern zu Demokrat*innen entwickelt werden. Unter Otto Glöckel und Hermine Weinreb schaffen eine aufklärende Pädagogik zur Entwicklung junger emanzipierter, demokratischer Menschen. Die Erziehung sollte zum Gemeinschaftsdenken, zur gegenseitigen Hilfe, zur Selbstbestimmung, zum politischen Denken und zur Friedensliebe hin führen.

WAHLRECHT

Den Feudalherren und Kapitalisten ist es nie um ein gutes Leben für die BürgerInnen und ArbeitnehmerInnen gegangen, sondern nur um die Absicherung ihres Reichtums, ihrer Macht und ihres Einflusses.
Allein die Einführung des allgemeinen gleichen Männer- und Frauenwahlrechts bereits mit der Republiksgründung bedeutete auf allen Ebenen einen Schub der Politisierung und Emanzipation. Die Wahl zur Konstituierenden Nationalversammlung am 16. Februar 1919 wurde erstmals mit diesem „ohne Unterschied des Geschlechts“ durchgeführt. Frauen durften von nun an uneingeschränkt wählen, so sie – wie Männer – „das zwanzigste Lebensjahr überschritten“ hatten, und waren uneingeschränkt wählbar, so sie – wie Männer – das 29. Lebensjahr überschritten hatten. Die Wahlbeteiligung der Frauen lag bei 82,1 Prozent, jene der Männer bei 86,9 Prozent. Acht weibliche Abgeordnete von insgesamt 170, sieben davon Sozialdemokratinnen, erhielten ein Mandat: Anna Boschek, Emmy Freundlich, Adelheid Popp, Gabriele Proft, Therese Schlesinger, Amalie Seidel und Maria Tusch für die Sozialdemokratische Arbeiterpartei und schließlich die christlich-soziale Hildegard Burjan.

Wie verliefen die Wahlen in Walding für die Sozialdemokratie?

Bei der Landtagswahl am 18. Mai 1919
Wahlberechtigte: 678 (329 Männer, 349 Frauen)
Abgegebene Stimmen: 500 (253 Männer, 247 Frauen)
Christlich Soziale: 400 Stimmen
Sozialdemokraten: 52 Stimmen
Freiheits- und Ordnungspartei: 48 Stimmen

Bei der Landtagswahl am 17. Mai 1925
Wahlberechtigte: 743 (366 Männer, 377 Frauen)
Abgegebene Stimmen: 658 (329 Männer, 329 Frauen)
Gemeinsamen Liste: 545 Stimmen
Sozialdemokraten: 106 Stimmen
NSDAP: 4 Stimmen

Aufhebung des Ergebnisses der Gemeinderatswahl vom 14. April 1929 durch den Verfassungsgerichtshof


Für die Wahl des Gemeindeausschusses in Walding wurden ein Vorschlag der christlichsozialen Partei und ein Vorschlag der sozialdemokratischen Partei übergeben. Der sozialdemokratische Vorschlag wurde am 30. März beim Postamt Rottenegg aufgegeben und langte beim Postamt Walding am 31. März ein. Am 1. April 1929 wurde dieser Wahlvorschlag um 10 Uhr vormittags der Gemeindewahlbehörde Walding zugestellt. Mit Bescheid hat die Gemeindewahlbehörde Walding den sozialdemokratischen Wahlvorschlag als verspätet eingebracht zurückgewiesen, da er nicht spätestens 14 Tage vor dem Wahltage ihr vorgelegt wurde.
Bei der Wahl bekam die christlichsoziale Partei 538 Stimmen, die sozialdemokratische Partei 169 Stimmen. Die sozialdemokratischen Stimmen wurden für ungültig erklärt.
Am 27. Juni 1929 hob der Verfassungsgerichtshof auf und die Wahl musste wiederholt werden.
Am Sonntag, den 15. September hat die Sozialdemokratie 177 Stimmen davon 75 Frauenstimmen. Insgesamt war das ein Zuwachs 53 Stimmen im Vergleich zur Wahl von 1924.

Bei der Landtagswahl am 19. April 1931
Wahlberechtigte: 809 davon 402 Frauen
Abgegebene Stimmen: 700 davon 330 Frauen
Christlich-Soziale Partei: 421 Stimmen davon 235 Frauen
Sozialdemokraten: 154 Stimmen davon 61 Frauen
Nationaler Wirtschaftsblock und Landbund: 11 Stimmen davon 4 Frauen
Heimatblock: 101 Stimmen davon 45 Frauen
NSDAP: 1 Stimme (Mann)

WIR SCHAFFEN EIN NEUES MITEINANDER – EINE NEUE, DEMOKRATISCHE GESELLSCHAFT

Welche Veranstaltungen prägten das Bild der SPÖ-Walding in der Ersten Republik?

  1. Parteiversammlungen
    1. Jahresversammlungen mit Berichten, politischen Referaten, Neuwahlen und Ausblick auf kommende Aktivitäten. Hier wurden auch politische Ereignisse aus Sicht der Sozialdemokratie erläutert und besprochen.
    1. Mitgliederversammlungen z.B. 1926 mit dem damaligen NR Gen. Strunz mit einem 2,5 stündigen Referat

  2. Politische Feiern
    1. Republiksfeiern – 1927 im GH Rottenegg, wo Gen. Schoißengair (Gemeinderat in Linz) den Kampf der Arbeiterschaft für die Erhaltung der Republik schildert. Gen Steininger aus Walding ruft auf diesen Einsatz für die Republik zu erneuern. Die Sozialdemokrat*innen waren die Einzigen, die voll und ganz hinter dieser Republik/Demokratie standen. (Prälat Seipel: „Weg mit dem revolutionären Schutt“)

    1. Maifeiern mit Aufmärschen, mit Konzerten, mit Musik, kleinen Theaterstücken.

  3. Feste und Feiern für die „Gemeinschaft“
    1. Gartenfest (1923) im GH von Hr. Hausladen in Rodl mit Musik und Radlbockwettfahren
    1. Christbaumfeier mit Referenten aus Linz – 1925
    1. Märchenbildervortrag 1926 in einem Vereinsheim der SPÖ Walding
    1. Fest mit dem Mandolinenorchester Ebelsberg 1927
    1. Silvesterfeier 1928
    1. Lichterbaumfeier, wo man die Kinder der einkommensschwachen Familien im Alter von 3 bis 12 Jahren aus Walding und St. Gotthard eingeladen hat. 156 Kinder kamen.

Welche sozialdemokratischen Vereine prägten das Bild der SPÖ-Walding in der Ersten Republik?

Sozialistische Arbeiterjugend Rottenegg-Walding
Erste Aufzeichnungen findet man im Tagblatt 1928. Als Gründer und Betreuer wird Josef Eisschiel genannt.

Arbeiter – Mandolinenverein Rottenegg-Walding
1932 wirkt das Mandolinenorchester Walding bei der Kinderfreunde Ortsgruppe Ottensheim mit, wo auch Walding dazugehörte.

Kinderfreunde


Die Kinderfreunde selbst dürften erst Anfang der 30er Jahre gegründet worden sein.  Allerdings gab es einige Veranstaltungen mit den Kinderfreunden aus dem Bezirk Urfahr in Walding selbst.
Am 9. September 1928 fand ein großes Kinderfreundetreffen in der Ortschaft Rodl in Walding statt. 82 Liter abgekochte Milch und 50 große Wecken Brot stellte die Ortsorganisation Walding zur Labung der Kinder bereit. Eröffnet wurde das Fest durch den Parteiobmann Steininger aus Walding. Der Kreisvorsitzende Gen. Seibert hielt die Festrede. Es war ein Tag der Freude und des Jubels zwischen den Kindern aus der Stadt und den Kindern vom Land. Ein Kinderchor brachte einige Lieder zur Darbietung und zwei Theaterstücke wurden aufgeführt.
Ein besonderes Highlight war das Baden in der Rodl. Bösartige Nachbarn hatten Attacken auf die Kindern vorbereitet. Auf einem schmalen Weg zwischen zwei Sandbänken wurden Holzpfähle mit rostigen Nägel im Sand vergraben, wo sich einige Kindern bösartige Stichverletzungen zuzogen.