Das “Verschlingen” in Ritzing

Bis Ende der 1920er Jahre befand sich die Romasiedlung am Ende der “Langen Zeile”. Nach der Umwidmung der Grundstücke zu Hausplätzen mussten sie ihre Hütten abbrechen und ihren Wohnsitz oberhalb des “Sandigen Grabens” verlegen, weit außerhalb des Ortsgebiets, wo sieihre Lehmhütten neu aufbauten. (1)

Unsere Gruppe beim Gedenken an die Opfer in Ritzing

Die Betonsäule mit den Namen der 21 Opfer (18 Roma und drei Eutha­nasie­opfer) befindet sich neben dem Friedhof in Ritzing. Eine Gedenktafel an der Säule listet die Namen, Geburts- und Sterbedaten der Opfer auf. Rund um die Säule sind Beton­kreise an­geord­net, in denen sich Ritzin­ger und An­gehö­rige der Volks­gruppe der Roma mit ihren Fuß­ab­drücken ver­ewig­ten. Im Tagesverlauf berührt die wandernde Schatten der Betonstele abwechselnd die einzelnen Scheiben.(2)
Der Künstler Christian Gmeiner, dessen Vater aus Ritzing stammte, war es ein besonderes Anliegen, diesen mehrschichtigen symbolischen Charakter des Denkmals hervorzuheben.(3)

Enthüllung des Denkmals

Das Denkmal wurde am 19. Mai 2019 in Anwesenheit von Landesrat Mag. Heinrich Dorner und dem zweiten Landtagspräsidenten Ing. Rudolf Strommer ein vom Künstler MMag. Christian Gmeiner gestaltetes Erinnerungsdenkmal den vergessenen NS-Opfern enthüllt. Die Initiative zu diesem Gedenkprojekt ging von MMag. Christian Gmeiner und dem Historiker Dr. Herbert Brettl aus.(6)

Erinnerungen eines Großvater

Raffaela und Christian Gmeiner lassen in ihrem Bericht auf Etcetera (5) unter dem Titel “Erinnerungen an die Roma” einen Großvater sich an diese Zeit erinnern.(2)

Doch dann passierte es, das Verschlingen. Wo waren sie hin, die Kinder, die einst mit Großvater in die Schule gingen? Innerhalb einer Nacht verschwanden 14 der insgesamt 18 in Ritzing lebenden Roma.  Sie wurden nach Lackenbach verschleppt, ins sogenannte „Zigeuner-Anhalte Lager”,, in dem Tausende Volksgruppenangehörige eingesperrt und gequält wurden. Später wurden sie dann nach Lodge und Auschwitz deportiert – der Großteil wurde ermordet.

Seine ehemaligen Ritzinger Mitbürger wurden gequält, schikaniert und beschimpft. Ihre Lehmhütten am Rande des Dorfes wurden in Brand gesteckt. Sie brannten lichterloh. Es war grausam. Nach Kriegsende kam keiner zurück. Alle wussten Bescheid. Alle schwiegen. 

Der Großvater im oben genannten Bericht auf Etcetera

Als wir das Denkmal erreichten sahen wir zuerst eine Säule stehen. Am Rande des Ortes beim Friedhof. Betonkreise mit Fußspuren. Am Vorabend bekam ich das Buch “Einfach weg” von Gerhard Baumgartner und Herbert Brettl. Ein paar Informationen hatte ich mir vorher besorgt – zur Geschichte der Roma in Ritzing – ihr gewaltsames Ende, aber welche Intentionen verfolgte der Künstler mit dem Denkmal? Warum gibt es hier keine Info-Tafel, die dies erläutert? Man musste schon sehr genau schauen, dass man die Namen der Betroffenen lesen konnt.
Wir blätterten im Buch und holten uns die Information. Trotzdem hatten einige den Eindruck “hier fehlt etwas!”
Am nächsten Tag waren wir eingeladen im Roma Service in Oberwart. Ich sagte Emmerich meine Eindrücke vom Denkmal in Ritzing. Er sagte zu mir: “Da muss man halt genau hinschauen!” Zuerst dachte ich mir eine eigenartige Antwort. Wenn man sie aber sickern lässt – sehr sehr treffend – viele schauen nicht genau hin und die Dirkriminierungen sind alltäglich und sind geschehen.

Ritzing enthüllt Mahnmal – ein Bericht vom Rom-Service


Quellenverzeichnis

  • (1) Gerhard Baumgartner, Herbert Brettl – “Einfach Weg!” Verschwundene Romasiedlungen im Burgenland, 2020 new academic press, Wien, Hamburg, ISBN 978-3-7003-2187-3, Seite 286ff
  • (2) Best of Burgenland, Ritzing alte Ansichten
  • (3) volksgruppen ORF.at – Ritzing enthüllt Mahnmal am 20.5.2019
  • (4) Erinnern.at – Denkmal für die vergessen NS-Opfer in Ritzing – Gondolipeskero than le pobisterde NS-opferenge ande Ritzing!
  • (5) Etcetera – 75/PARADIES/BERICHTE: RAFFAELA UND CHRISTIAN GMEINER: ERINNERUNGEN AN ROMA IN RITZING und litges St. Pölten
  • (6) Romano – Kipo, Informations-Zeitung des Kulturverein österreichischer Roma, Nummer 2/2019, Seite 7