Das Obdachlosenasyl in der Meldemannstrasse

Peter Drizhal hat für den Rundgang 120 Jahre Brigittenau sich mit der Geschichte des Obdachlosenasyl in der Meldemannstrasse auseinandergesetzt.

Das Männerwohnheim in der Meldemannstraße war von 1905 bis 2003 ein Obdachlosenasyl. Erbaut wurde es, um die Zahl der Bettgeher zu verringern, die sich damals auf bis zu 80.000 belief. Bei seiner Eröffnung gehörte es zu den modernsten Europas.
Es gab für 544 Männer 24 Säle mit getrennten Schlafabteilen, sowie gemeinsame Tagesräume wie Speisesaal, Bibliothek, ein Lesezimmer mit Tageszeitungen und einer Raucher- und Nichtraucherabteilung. Im Keller gab es einen Kleider- und Schuhputzraum, einen
Gepäckraum, einen Fahrradkeller sowie eine Schuster- und Schneiderwerkstatt.

Arbeiterzeitung am 15. Oktober 1905

Es gab ein Krankenzimmer mit einem Hausarzt und eine Desinfektionskammer zur Entlausung der Neuankömmlinge. Zusätzlich zu Waschräumen und Rasierzimmer gab es eine Badeanlage. Weiters gab es Kochnischen mit Gaskocher und Geschirr für Selbstversorger.
Die Schlafabteile wurden abends um 20 Uhr geöffnet und musste gegen 9 Uhr morgens wieder geräumt werden. Sie waren 1,4 Meter breit und 2,17 Meter lang. Darin standen ein Bett, ein Tischchen, ein Kleiderständer und ein Spiegel. Jede Koje hatte eine abschließbare Tür und als besonderen Luxus eine Glühbirne. Der Strom wurde allerdings um 22 Uhr zentral abgedreht.
Die Miete betrug monatlich 10 Kronen, d. h. für einen Hilfsarbeiter mit einem Jahreseinkommen von ca. 1000 Kronen war das äußerst günstig.

Während des 1. Weltkrieges war hier ein Soldaten-Spital, danach ein ziviles Krankenhaus. Ab November 1919 stand das Haus 3 Jahre leer ehe es von der Gemeinde Wien erworben und in ein Versorgungshaus für ca. 500 männliche Pfleglinge umgestaltet wurde.

Österreichische Volksstimme am 18.12.1945, Seite 3

Ab Ende 1945 wurde ein Teil des Altersheims eine Städtische Herberge für Obdachlose.Das Männerwohnheim war auch 2002 Schauplatz der Theaterproduktion „Mein Kampf“ von George Tabori
Am 28. November 2003 wurde das schon desolate Obdachlosenheim geschlossen, worauf es zu einer Hausbesetzung kam. Am 5. März 2004 wurde ein neues Heim in der Siemensstraße eröffnet.

Alltagsgeschichte: Meldemannstraße 25-27
Elisabeth T. Spira widmete 2003 eine ihrer Alltagsgeschichten diesem Haus. In dieser Folgte protraitiert sie jüngere und ältere Bewohner des Männerwohnheims Haus Meldemannstraße.


„I bin froh, dass´ die Meldemannstraße gibt, weil sonst müsst ich auf einer Toilette schlafen“,


sagt einer von ihnen.


2007 wurde es zu einem Altenpflegeheim umgebaut. Weil der historische Bau unter Denkmalschutz stand, waren Eingriffe an seiner Fassade nicht zulässig. Beim Umbau wurde die ehemalige gartenseitige Fensterfront in das Haus integriert, der Eingang wurde von der Meldemannstraße in die Winarskystraße verlegt.