Universität Wien und Widerstand?

Für unseren Rundgang Widerstand und Revolution in Wien hat unser Vorstandsmitglied Elisabeth Luif einen kritischen Blick auf die Geschehnisse in der UNI-Wien geworfen.

Bildung ist eine wichtige Voraussetzung für demokratische Beteiligung an der Gesellschaft. Höhere Bildung blieb und bleibt nach wie vor allerdings nur einem kleinen Teil der Menschen vorbehalten. Das wird auch darin ersichtlich, dass die Universität Wien, die eigentlich ein öffentliches und frei zugängliches Gebäude ist, von vielen als „geschlossener“ Ort
wahrgenommen wird.

Geschichte
In der Ersten Republik war die Universität Wien eine kleine, großteils männliche Eliteninstitution mit etwa 10.000 Studierenden. Sie

war politisch von deutsch-nationalen und konservativen Studierenden und Lehrenden dominiert. Während der Zeit von Austrofaschismus und Nationalsozialismus wurde der kleine Teil an linken, liberalen und jüdischen Studierenden vertrieben und vielfach ermordet.

Wiener Zeitung am 30. März 1938

Anfang April 1938 wurden jüdische Dozenten schriftlich aufgefordert „sich vorläufig jeder weiteren Tätigkeit zu enthalten“. Es handelt sich dabei um 51 Beamte, 68 Hochschullehrer, 73 Assistenten, 65 Vertragsbedienstete, 21 Wissen-schaftliche Hilfskräfte und 31 Bibliothekare.

Gesellschaftliche Öffnung der UNI

Erst mit der gesellschaftlichen Öffnung in den 1970er Jahren wurde unter der SPÖ-Regierung Kreisky eine Demokratisierung und Öffnung der Universitäten vorangetrie-ben und die Studierendenzahlen stiegen stark an. Mit der Durchsetzung des Neoliberalismus ab den 1990ern und insbesondere der Einführung von Studien-gebühren und Zugangsbeschränkungen ging diese Zahl wieder zurück. Aktuell gibt es an der Uni Wien etwa 90.000 Studierende, dennoch bleibt der soziale Aufstieg durch Bildung ein Mythos: Die Wahrscheinlichkeit ein Studium aufzunehmen, ist für Kinder aus bildungsnäheren Schichten (Eltern ab Maturaniveau) ca. 2,5 Mal so hoch. Nur 10% der Studierenden kommen über den zweiten Bildungsweg an die Universität.

Kämpfe um Beteiligung

Dennoch ist auch die Universität ein Ort politischer Kämpfe um Demokratie und Beteiligung. Die letzten großen Studierendenproteste gab es 2009 mit der „unibrennt“-Bewegung. Die Studierenden reagierten auf die immer stärkere Entdemokratisierung und Vermarktwirtschaftlichung der Universitäten. Bei einer mehrmonatigen Besetzung des Audimax wurden freie Bildung und die Demokratisierung der Unis gefordert.

Im hinteren Teil des Arkadenhofs steht der „Siegfriedskopf“.

Dieser stand ursprünglich in der Aula der Universität Wien und wurde nach dem Ersten Weltkrieg in Gedenken an die gefallen Studenten aufgestellt, er hatte allerdings eine deutliche deutschnationale und antisemitische Intention: Er spielte auf den Heldentod Siegfrieds in der Nibelungensage an und implizierte mit der „Dolchstoßlegende“, die Mittelmächte hätten den Krieg wegen der „inneren Feinde“ (Linke

und Juden) verloren. Deutschnationale Burschenschafter trafen sich auch in der Zweiten Republik regelmäßig beim Siegfriedskopf, wogegen ab den 1990ern zunehmende Proteste laut wurden. 2006 wurde der Siegfriedskopf schließlich aus der Aula entfernt und unter Glas „kommentiert“ im Arkadenhof aufgestellt. Rechtsextremes Gedankengut hat an der Universität Wien nach wie vor Platz, wie etwa die jüngsten Proteste um den Geschichteprofessor Lothar Höbelt zeigen.

Exklusion von Frauen

Auch die Exklusion von Frauen an den Unis wurde in den letzten Jahren verstärkt thematisiert. Im Arkadenhof der Universität Wien werden zahlreiche Männer für ihre wissenschaftlichen Verdienste geehrt. Lange Zeit war die einzige Frau unter ihnen die Statue der „Nymphe Kastalia“, eine „Muse“ zur Inspiration der Männer. Sie steht in der Mitte des Arkadenhofes und wurde 2009 um eine „Schattenfi-gur“ von Iris Andraschek erweitert, die damit Kritik an der Unsichtbarkeit der Leistungen von Frauen übt.

Mittlerweile gibt es auch mehrere Denkmäler, die an wichtige Wissenschafterinnen erinnern. Darunter ist beispielsweise Marie Jahoda, die für ihre bahn-brechende soziologische Untersuchung „Die Arbeitslosen von Marienthal“ international bekannt wurde. Sie wurde im Faschismus verfolgt und flüchtete. Nach dem Krieg blieb sie in den USA.

(Ihr Denkmal befindet sich im Arkadenhof auf der linken Seite.)