Am nördlichen Rand des Häftlingslagers richtete die SS Ende 1942 eine Quarantänezone, das “Kleine Lager”, ein. Es wurde mit Stacheldraht vom Hauptlager getrennt. Deportierte aus allen von Deutschland besetzten Ländern blieben einige Wochen im Kleinen Lager, bevor sie in die Außenlager weitergeschickt wurden.
Mit der Ankunft von Massentransporten aus Auschwitz, Groß-Rosen und anderen Lagern im Osten 1944/45 wurde das Kleine Lager zum Sterbe- und Siechenort, in dem insbesondere Tausende jüdische Häftlinge untergebracht waren.
Dieses Lager wurde errichtet, um Zwangsarbeiter unterzubringen, die aufgrund der steigenden Anforderungen der Kriegsindustrie der Nationalsozialisten nach Buchenwald gebracht wurden. Die dortigen Lebensbedingungen waren mehr als unmenschlich.
Durch extreme Kälte, mangelnde Waschmöglichkeiten und offene Latrinen war es keine Seltenheit, dass in einer Nacht bis zu 68 Häftlingen pro viel zu überfüllter Baracke starben. Des weiteren war das “Kleine Lager” auch ein Ort des internationalen illegalen Widerstandes.
“Ich habe Tränen in den Augen amerikanischer Soldaten gesehen, als sie zum ersten Mal die Hölle des Kleinen Lagers betraten”
schreibt der ehemalige Buchenwald-Häftling Bruno Apitz kurz nach der Befreiung des Konzentrationslagers auf dem Ettersberg bei Weimar. Erst Jahrzehnte später ist für die Häftlinge des Kleinen Lagers, das als der schrecklichste Ort in Buchenwald galt, ein Denkmal errichtet worden.
Sein Schöpfer ist der New Yorker Architekt Stephen B. Jacobs, der Anfang 1945 als Fünfjähriger mit seinem Vater und seinem Bruder von Auschwitz nach Buchenwald ins Kleine Lager gekommen war und die Häftlingsnummer 87900 trug. Mit ihm war auch der spätere Friedensnobelpreisträger Elie Wiesel als Kind im Kleinen Lager, wo er seinen Vater verlor:
“Mein kranker Vater, der vor meinen Augen gequält und erniedrigt wurde…Mein Vater, sterbend. Mein Vater, tot. Er betrat die Dunkelheit, ohne eine Spur zu hinterlassen.”
Artikel im Stern – 24. jänner 2005
Das illegale Internationale Komitee rettet 1000 jüdische Kinder in Buchenwald vor den SS-Schergen
Der ehemalige französische Buchenwaldhäftling Bertrand Herz schilderte, wie einige Häftlinge in einem Umfeld des Elends und des Todes noch die Kraft hatten, Widerstand zu leisten und ihre Menschenwürde zu erhalten. Das illegale Internationale Komitee habe im Kleinen Lager seine geheimen Sitzungen abgehalten. Man habe sich bei den Latrinen getroffen, „die derart stanken, dass kein SS-Mann dorthin kam“. Unter anderem sei es dem Widerstand im Kleinen und im Großen Lager gelungen, rund 1.000 jüdische Kinder zu retten.
Kinderzwangsarbeit in der Rüstungsindustrie
Erst 1944 wurden auch jüngere Kinder gezielt nach Buchenwald geschickt. Das hing damit zusammen, dass sich direkt bei Buchenwald die Gustloff Werke befanden, die für die Aufrüstung des Heeres notwendig waren und die Kinder als Arbeitskräfte einsetzten. Die Gustloff Werke werden hier aus dem Grund erwähnt, da die Kinder, die ab 1944, als der Krieg immer mehr Ressourcen forderte, bei der Waffenherstellung mitarbeiten sollten. Diese Kinder kamen aus Vernichtungslagern wie Auschwitz, um zum Beispiel in Buchenwald „in rüstungsrelevanten Industrien“ zu arbeiten. Die Verlegung von einem Vernichtungs- in ein Arbeitslager bedeutete jedoch nur, dass der Tod aufgeschoben wurde.
Quellen:
Antifa-Camp Weimar / Buchenwald 2017
Gedenkstätte Buchenwald
Alle Fotos von Brigitte & Werner Drizhal
Video von Buchenwald Memorial
Artikel im Stern am 24. Jänner 2005 – Der Tod als letzte Pflicht
Artikel in der Frankfurt Allgemeine am 14.4.2002 – Häftling Nr. 87900 setzt in Buchenwald ein Denkmal
David Neideck – Kinder im Konzentrationslager. Buben in Buchenwald