„Menschenmaterial: unbefriedigend“

Zwangsarbeit bei den Wiener Verkehrsbetrieben
Eine Buchvorstellung von Werner Drizhal

„MENSCHENMATERIAL: UNBEFRIEDIGEND“
Zwangsarbeit bei den Wiener Verkehrsbetrieben
Walter Farthofer
2017 echomedia buchverlag
ISBN: 978-3-903113-25-1
Herstellungsort: Wien

Aber wir haben die Verantwortung dafür, dass die Erinnerung an diese Schandtaten aufrecht bleibt. Nur wenn wir diese Pflicht wahrnehmen, können wir dafür gewappnet sein, das Ähnliches nie wieder passiert.

Günter Steinbauer, Vorsitzender der Geschäftsführung der Wiener Linien

Start in den Abgrund – Februar 1934

Hunderte wurden als Funktionäre der SDAP oder des Freien Gewerkschaftsverbandes bzw. als Angehörige des Republikanischen Schutzbundes verhaftet, teilweise zu Polizei- bzw. Haftstrafen verurteilt und in der Folge  durch Entlassung oder Zwangspensionierung dienstrechtlich gemaßregelt. (1)

Zweite Säuberungswelle in den Verkehrsbetrieben – 1938

Die Nationalsozialisten setzten genehme Betriebsobmänner ein. Diese hatten in erster Linie die Aufgabe, die MitarbeiterInnen unter Kontrolle zu halten und sie nötigenfalls durch entsprechende Maßnahmen dem NS-System gegenüber gefügig zu machen. (2)

Chronologie der Aufnahmen von ZwangsarbeiterInnen (3)

  • 1941 – Im Juli werden die ersten Zwangsarbeiter rekrutiert. Mit Ende des Jahres arbeiten 165 ausländische Arbeiter bei den Verkehrsbetrieben.
  • 1942 – Zwischen dem 20. und 31. Juli werden 200 Personen aufgenommen. Sie kamen vorwiegend aus Griechenland und Bulgarien. Im September kommen erstmals 50 Frauen als Zwangsarbeiterinnen aus der Ukraine. 2 Wochen später folgen 40 Männer aus der Ukraine. Mit Ende des Jahres arbeiten 396 ausländische ArbeiterInnen bei den Verkehrsbetrieben.
  • 1943 – Im März folgen 54 Franzosen als Zwangsarbeiter. Mit der Aufnahme von 50 russischen Gefangenen arbeiten Ende des Jahres 433 ausländische ArbeiterInnen im Betrieb.
  • 1944 – Weitere 70 Menschen aus Rußland folgen am Beginn des Jahres. Im März folgen 110 BelgierInnen, ein Drittel davon Frauen. Zwischen Juni und September kamen 442 NiedrländerInnen dazu, die man dringend für den Fahrdienst benötigte. Im Herbst wurden auch 22 ausländische StudentInnen zwangsverpflichtet. Zum Jahresende waren insgesamt 740 ausländische ArbeitrInnen zwangsrekrutiert.
  • 1945 – am 15. April 1945 wurden alle ZwangsarbeiterInnen entlassen

Diszplinierung (4)

Auf Betriebsebene durch Lohnkürzungen oder Heranziehung zu unangenehmen, gefährlicheren oder körperlich schweren Arbeiten. Für „Arbeitsunlust“ waren Geldstrafen vorgesehen.
Scharfe Überwachungsmaßnahmen und offiziell gefördertes Denunziantentum gepaart mit unzähligen Verordnungen, Anweisungen und Erlässen.
Erhöhung der Wochenarbeitszeit auf 53 Stunden.
Bei Arbeitsniederlegung, Aufhetzung der Arbeiter, eigenmächtiges Verlassen der Arbeitsstelle wurden von der Gestapo verfolgt. In der Regel folgte eine Überführung in ein Arbeitserziehungslager, für hartnäckige „Arbeitsunlustige“ in ein Konzentrationslager.
Die sogenannten „Polenerlässe“ später „Ostarbeitererlässe“ schränkten die Rechte der PolInnen, Russen und UkrainerInnen noch weiter ein.

Das kleine Volksblatt vom 4. Dezember 1943

Widerstand (5)

Erfolgreiche Sabotageaktionen von NiedrländerInnen, BelgierInnen, FranzösInnen und UkrainerInnen.
Arbeitsverweigerung wegen schlechter Verpflegung.
Arbeitsbummelei, langsames Arbeiten auf den Baustellen. (7)
In einzelnen Betriebsbereichen gab es Widerstandszellen mit Kontakten zur österreichischen Widerstandsbewegung.
250 ZwangsarbeiterInnen, vor allem NiederländerInnen und PolInnen flüchteten oder kehrten vom Urlaub nicht zurück.(6)

Unterbringung der ZwangsarbeiterInnen (8)

Die Hierarchisierung der Zwangsarbeiter zeigt sich bei der Unterbringung. Niederländische und belgische ZwangsarbeiterInnen wurden in Privaten Unterkünften einquartiert. Die meisten waren in Gemeinschaftslager untergebracht.

  • Gemeinschaftslager Nr. 702 – Freihaus – Wien IV – Wiedner Hauptstrasse 10
  • Gemeinschaftslager Nr. 128 – Bahnhof Michelbeuern – Wien IX – Währinger Gürtel 40
  • Bahnhof Floridsdorf – Wien 21 – Gerichtsgasse 5
  • Gemeinschaftslager Nr. 701 – Barackenlager Wildganshof – Wien III – Landstraßer Gürtel
  • Gemeinschaftslager Nr. 1649 – Wien XVI – Wilhelminenstraße 94
  • Lager Wien XV – Kellingasse 7
  • Lager Wien V – Einsiedlergasse 7
  • Gemeinschaftslager Nr. 479 – Wien XX – Griegplatz
  • INHA-Lager Wien XIII – Preindlgasse 8
  • INHA-Lager Wien V – Blechturmgasse 27

Besonderheiten zu den verschiedenen Nationalitäten (9)

Im letzten Kapitel beschreibt der Autor die individuellen Begebenheiten der einzelnen Nationalitäten, die Zwangsarbeit bei den Wiener Verkehrsbetrieben leisten mussten.


Seitenhinweise im Buch oder Quellenangabe

  • (1) – Seite 15
  • (2) – Seite 16
  • (3) – Seite 46
  • (4) – Seite 38
  • (5) – Seite 39
  • (6) – Seite 65
  • (7) – Seite 62
  • (8) – Seite 51
  • (9) – Seite 68
  • Das kleine Volksblatt vom 4. Dezember 1943