Der Bau der Dr.-Todt- Brücke (heute Staatsbrücke) war die größte Baustelle und wurde von der Mannheimer Baufirma „Grün und Bilfinger“ ausgeführt. Benannt wurde sie nach Dr. Friedrich Todt, Generalinspektor für das deutsche Straßenwesen, ab 1940 Reichsminister für Bewaffnung und Munition.1
„Eine hölzerne Notbrücke ersetzte die schon lange abgetragene alte Staatsbrücke (…) und auf dieser größten Baustelle in der Stadt sehe ich noch die in grauschmutzigen abgesteppten Kleidern an den Brückenpfeilern hängenden russischen Kriegsgefangenen als Zwangsarbeiter, ausgehungert und von rücksichtslosen Tiefbauingenieuren und Polieren zur Arbeit angetrieben; viele von diesen Russen sollen entkräftet in die Salzach gefallen und abgetrieben sein.“2
1941 begann der Bau der neuen Brücke; anfangs arbeiteten freiwillige „Fremdarbeiter“ aus Italien, Ungarn und der Tschechoslowakei. Doch der zunehmende Arbeitskräftemangel führte zur Einsetzung von jugoslawischen Zwangsarbeitern und französischen Kriegsgefangenen. Diese lebten in behelfsmäßig errichteten Baracken im Volksgarten.
Ab 1942 schufteten auch sowjetische Kriegsgefangene auf der Baustelle, die als „rassisch minderwertig“ galten und bei Versorgung und Unterkunft wesentlich schlechter gestellt waren als die übrigen Zwangsarbeiter3. Zwischen 50 und 60 Kriegsgefangene aus Frankreich und Russland wurden für den Neubau eingesetzt.4 Die Bedingungen für diese Zwangsarbeiter5 waren denkbar schlecht: Temperaturen bis zu -30 Grad Celsius, schlechter Unterkunft und mangelnde Verpflegung mussten Kriegsgefangene ertragen6. Eine Analyse der Bautagebücher zeigt vor allem eines: die katastrophale Unterernährung sowjetischer Kriegsgefangener7. Jede zehnte Person und jede vierte Arbeitskraft in Salzburg ist eine Zwangsarbeiterin oder Zwangsarbeiter.8
René Lucien COILLIAUX, am 12. September 1913 in Vimy, Département Pas-de-Calais, geboren und katholisch getauft, war ein französischer Kriegsgefangener, der unter dem NS-Regime in der Stadt Salzburg interniert war und Zwangsarbeit zu verrichten hatte.
Dokumentiert ist, dass René Lucien COILLIAUX 29-jährig am 2. Dezember 1942 beim Bau der Staatsbrücke – »Dr.-Todt-Brücke«1 unter der NS-Herrschaft – tödlich verunglückte, in der Salzach ertrank (laut offizieller Quelle).
Stolperstein verlegt am 25.09.2019 in Salzburg, Staatsbrücke9
Die Feiern zur endgültigen Fertigstellung inkl. der Ufersammler fanden am 1. Juli 1949 statt. In den Salzburger Nachrichten konnte man lesen: “Arbeiter vieler Nationen haben unter Leitung österreichischer Ingenieure das Werk vollbracht”.10
In der offiziellen Urkunde zur Einweihung der Brücke heißt es: “In gemeinsamer Anstrengung haben Auftraggeber, Konstrukteure und opferbereite Arbeiter unter Nöten und Gefahren dieses Werk für die Heimat geschaffen”
Die Stadt Salzburg brachte die oben gezeigte Gedenktafel im Zuge der Brückensanierung im Jahr 2007 an.
Quellenverzeichnis
- „Arbeitseinsatz“ für den Krieg. Zwangsarbeit in der Stadt Salzburg – Von Thomas Weidenholzer, Vortrag, gehalten am 13. 10. 2011 in der TriBühne Lehen, Seite 26 ↩︎
- Thomas Bernhard erinnerte sich in „Die Ursache“ an die beim Brückenbau eingesetzten Zwangsarbeiter ↩︎
- Im Schatten der Mozartkugel – Reiseführer durch die braune Topografie Salzburgs – Czernin Verlag ↩︎
- 16. Jänner 2015 – DerStandard – NS-Gedenken – Salzburg: Denkmal für Zwangsarbeiter auf Staatsbrücke zerstört ↩︎
- Merkmal der Zwangsarbeit ist nicht nur, dass die Menschen gegen ihren Willen schwerste Tätigkeiten verrichten müssen; sie bekommen kaum bis gar nicht einen Lohn, können den Arbeitsplatz nicht frei wählen, haben kaum Freizeit, stehen unter ständiger Überwachung und sind von drakonischen Strafen bedroht. Wie mit den Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern aus dem Osten umzugehen sei, schreibt der NS-Staat in den „Polen-Erlassen” und dem „Ostarbeiter-Erlass” vor. Aus der Ortsgeschichte von Leogang zur Zwangsarbeit. ↩︎
- WIKI – Salzburger Nachrichten – Gedenktafel für Zwangsarbeiter an der Staatsbrücke ↩︎
- „Arbeitseinsatz“ für den Krieg. Zwangsarbeit in der Stadt Salzburg – Von Thomas Weidenholzer, Vortrag, gehalten am 13. 10. 2011 in der TriBühne Lehen, Seite 26 ↩︎
- Aus der Ortsgeschichte von Leogang zur Zwangsarbeit, Seite 296 ↩︎
- Stolpersteine Salzburg – ein Kunstprojekt für Europa von Gunter Demnig ↩︎
- ÖNB – digitales Archiv, Salzburger Nachrichten 2. Juli 1949, Seite 2 ↩︎