Das Kriegsgefangenenlager Braunau – St. Peter am Hart während des Ersten Weltkrieges.

Bereits kurz nach Kriegsbeginn errichtete das in Braunau stationierte, galizische Feldjäger-Bataillon 4 der K.u.K.-Armee und die ersten 300 russischen Häftlinge in Braunau ein Gefangenenlager. Die aus militärischer Sicht günstige Lage – also das gut zu überwachende Gelände, die Mattig zur Wasserver- und -entsorgung und die Verkehrsanbindung – sprachen für den Standort Aching, erläuterte Kotanko. Anfangs für 15.000 Kriegsgefangene ausgelegt, wurde das Lager in den Folgejahren für bis zu 50.000 Mann erweitert.1

Foto von der Gedenkstätte an der Mattig – Gemeinde St. Peter am Hart

Der Bau eines solchen Lagers bedeutet für viele Privatbetriebe wirtschaftliche Impulse und Gewinne. Es wurden Mitte 1915 landesweit Inserate geschaltet, um die für den Bau notwendigen Fachleute zu bekommen. Bei den 24. Braunauer Zeitgeschichte Tagen veranschaulichte Florian Kotanko auch die rasche Vermischung des militärischen und privatwirtschaftlichen Bereichs während des Krieges. So war die Errichtung des Barackenlagers für private Firmen ebenso ein einträgliches Geschäft wie die Häftlinge generell zu einem erheblichen Wirtschaftsfaktor in der Region wurden. Vor allem für Nahrungsmittel und Brennholz war das Lager ein profitabler Abnehmer. Zudem wurden die Kriegsgefangenen zu Arbeitseinsätzen herangezogen.

Österreichische Monatsschrift des öffentlichen Baudienstes2

Anfang 1916 wurde die Stelle für eine Tabaktrafik im Kriegsgefangenenlager ausgeschrieben.3

Kaum Aufzeichnungen über Gefangene

Darüber, wie die Gefangenen hier lebten und arbeiteten, gibt es nur wenige Aufzeichnungen. „Manche Gefangene lebten außerhalb des Lagers bei den Bauern, wo sie arbeiteten. Dadurch entstand eine Zweckgemeinschaft und die Gefangenen wurden in die Familie integriert“, meinte Ortner und betonte die Wichtigkeit, sich Vergangenes ins Gedächtnis zu rufen und in Erinnerung zu behalten.

Über diese sogenannten „Zweckgemeinschaften“ wäre es interessant mehr zu wissen. Inwieweit war es Zwangsarbeit und wurde diese Arbeit entlohnt und wenn ja – wie hoch und wer bekam das Geld?

(Foto – das Lagergeld)

Ein Beispiel wie Kriegsgefangene im ganzen Innviertel zu Arbeitsleistungen herangezogen wurden.4

Als Lagergeld wird eine Form von Notgeld bezeichnet, die in Internierungs- oder Kriegsgefangenenlagern an die Insassen anstelle regulären Geldes ausgegeben wird, um im Falle einer Flucht sicherzustellen, dass die Insassen nicht über Bargeld verfügen.5

1916 wurde im Lager eine sogenannte interkonfessionelle Kirchenhalle eingerichtet, die neben der Religionsausübung auch eine Bücherei eingerichtet wurde, um in der Ruhezeit geselligen Umgang und eine beruhigende Wirkung der Gefühle und Gedanken zu ermöglichen, wie es im Artikel der Zeit6 heisst. Finanziert wurde es durch amerikanische Geldspenden.

Von dem Kriegs- und Gefangenenlager sind heute keine Spuren mehr zu sehen. Nach der Übergabe an die Gemeinde Braunau wurde das Lager 1920 zur Gänze abgerissen. Massive Plünderungen nach dem Kriegsende hatten zur Folge, dass bei der Bestandsaufnahme kaum noch verkaufbare Gegenstände vorhanden waren.7

Flucht aus dem Lager

ÖNB, Innviertler Volkszeitung, 3. September 1915, Seite 12

Der Friedhof des Lagers

Die umfangreichen Recherchen und Dokumente beweisen, dass die ersten Serben als inhaftierten des „k. u. k. Kriegsgefang-enenlagers“ nach Braunau kamen. Einige sind nach der Internierung in Braunau geblieben.8

Für die Todesopfer wurde 1914/1915 in eigener Lagerfriedhof errichtet, in dem von 1915 bis 1918 etwa 1.500 Tote bestattet wurden.9
Zu den Toten aus dem Ersten Weltkrieg kommen 56 Opfer des Zweiten Weltkrieges – Frauen und Männer aus der Sowjetunion – welche in den Jahren 1941 bis 1945 als Zwangsarbeiter starben.

Bau einer Gedenkstätte in St. Peter am Hart

Der Bau einer Gedenkstätte wurde durch den ersten SPÖ-Bürgermeister iniiert.

Quellenverzeichnis

  1. OÖ. Nachrichten – Lager in den Weltkriegen, Notunterkünfte heute von Christian Reisinger, 02. Oktober 2015, Florian Kotanko, Obmann des Vereins für Zeitgeschichte, präsentierte seine Forschungsergebnisse über das der Öffentlichkeit weniger bekannte Gefangenenlager Braunau-Aching während des Ersten Weltkriegs. ↩︎
  2. ÖNB, digitales Archiv, österreichische Monatsschrift des öffentlichen Baudienstes, Ausgabe 42, 1915 ↩︎
  3. ÖNB, Linzer Volksblatt am 23. Jänner 1916, Seite 7 ↩︎
  4. ÖNB, Linzer Volksblatt, 21. Oktober 1916, Seite 4 ↩︎
  5. Wikipedia ↩︎
  6. ÖNB, Die Zeit am 10. Jänner 1916 ↩︎
  7. Christoph Ortner bei einer Gedenk- und Erinnerungsfeier im Pfarrzentrum St. Peter anläßlich 100 Jahre Ende des Ersten Weltkriegs. ↩︎
  8. Sonderausstellung – 100 Jahre Braunauer Serben ↩︎
  9. Soldatenfriedhof Braunau – Haselbach in Wikipedia ↩︎

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