Alter Hass, neuer Wahn – Antisemitismus

85 Jahre Novemberpogrome – Geschichte eines tödlichen Vorurteils

Foto: Holocaust-Memorial Berlin

Der ORF zeigt am 8. November um 22:30 in ORF2 eine Dokumentation1 zum Juden-Hass in der österreichischen Geschichte. Die Dolu zeigt, wie antisemitische Vorurteile und Judenhass nach 1945 weiter

wirkten und wie der antisemitische Wahn neue Formen in der Hasskultur des Internets, im Social-Media-Bereich und im Darknet findet.

 „Die jüdischen Österreicherinnen und Österreicher mussten miterleben, dass schon in der Ersten Republik Antisemitismus und Juden-Hass alltäglich waren. Auch demokratische Gesellschaften sind nicht frei von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit wie dem Antisemitismus – das zu zeigen, war ein wichtiges Anliegen des Films. Überlebende erzählen, wie aus Nachbarn, Arbeitskollegen, Mitschülern Schritt für Schritt antisemitische Menschenjäger wurden. Lange vor 1938 legten vielfältige antisemitische Ausgrenzungen, Entwürdigungen, Gewalttätigkeiten die Basis für die Verbrechen des Nationalsozialismus.“

Regisseur Robert Gockl

Die Vertreibung der Wiener Juden und Jüdinnen im Jahr 1670

Vor allem aber gelten der streng katholische Kaiser Leopold I. und seine beinahe krankhaft antisemitische Gemahlin Margarita Teresa von Spanien waren wichtige Triebfedern für die Vertreibung, daneben waren aber auch die Stadt Wien und führende Staatsbeamte wie Christoph Ignaz Abele als Bedienstete der Hofkammer maßgeblich an den Vorbereitungen der Ausweisung beteiligt.2 Weitere Anstifter waren der Bischof von Neutra, Leopold Karl von Kollonitsch (ab 1670 Bischof von Wiener Neustadt), der einflussreiche Kapuziner und spätere Bischof von Wien, Emerich Sinelli, sowie der Beichtvater des Kaisers, der Jesuit Philipp Müller.3

Am 19. Juni 1669 fasste Kaiser Leopold in der Geheimen Konferenz den Beschluss, alle Juden aus Österreich unter der Enns auszuweisen. In einem kaiserlichen Patent vom 2. August 1669 wurde den Juden eine Frist bis zum 14. April 1670 gesetzt, ihre Häuser zu räumen; die Frist wurde bis zum 26. Juli 1670 erstreckt. Die niederösterreichischen Landjuden mussten das Land bis Ostern 1671 verlassen.3 Über 1600 Menschen mussten die Stadt verlassen.

Sie packen ihr Hab und Gut in Kisten, in Bündel, alles auf Wagen und Esel und verlassen unter Jubelgeschrei der Christen (…) ihre Wohnungen und Zimmer auf dem Kienmarkt, im Judengässl, auf dem Bauernmarkt oder im Kochgässl.4

Wiener Mittheilungen 18. Juni 1855 – Seite – Digitales Archiv der ÖNB

Zwar sind Auswanderungen bis in die entferntesten Teile Europas belegt, die meisten Wiener Juden gingen aber in benachbarten Regionen wie Südmähren, Pressburg oder das Burgenland, wo bereits größere jüdische Gemeinden bestanden.2


Quellenverzeichnis

  • Foto – Holocaust Memorial – Brigitte Drizhal
  • 1 OTS0044, 3. Nov. 2023 (Link siehe Fußnote)
  • 2 Objekt des Monats Juli 2020: „Sara! nimb den Jäckl mit …“ Ein antijüdisches Spottgedicht anlässlich der Vertreibung der Juden aus Wien im Juli 1670 – Wienbibliothek im Rathaus
  • 3 Die Vertreibung der Wiener Juden 1670 – Wikipedia
  • 4 Buchbeschreibung im Standard vom 4. Februar 2016