Die wunderbare Käthe Leichter

In den letzten Tagen habe ich tolle, interessante und aufschlussreiche Artikel, Tweets und Forumeinträge zum Leben und Wirken von Käthe Leichter gelesen. Marliese Mendel, Brigitte Pellar, Stefan Steindl, Lukas Oberndorfer, Kathrin Glösel, Gerald Demmel, Gerlinde Hauer, Sabine Lichtenberger, Ingrid Moritz, Markus Hasenberger erhellen das Umfeld dieser großartigen Frau. Der Aufbruch der Arbeiter*innenbewegung nach einem schrecklichen Krieg zu einem Sozialstaat, wo erstmals menschliche Lebensbedingungen für die Gefahren des Lebens (Krankheit, Arbeitslosigkeit und Alter) durch engagierte Gewerkschafter*innen wie sie, geschaffen wurden. Mit ihrem Wissen und ihrer Tatkraft versuchte sie sich der heraufziehenden „Düsternis“ des 20. Jahrhunderts, dem Austrofaschismus und Nationalsozialismus entgegenzustemmen. Selbst in in ihren letzten, schlimmen und qualvollen Tagen im Konzentrationslager schilderten Weggefährtinnen wie Rosa Jochmann wie als politisch, aufgeklärte Frau ihren Leidensgenossinnen Mut zusprach.

„Fräulein Katl“ und die sozialen Utopien 

Kurz nach Beginn des Ersten Weltkrieges im Jahr 1914 nahm sie ihr Studium der Staatswissenschaften auf, wohl wissend, dass sie ihr Doktorat nicht in Österreich machen kann. Frauen durften damals die nötigen Prüfungen in den Rechtswissenschaften noch nicht ablegen.  

Der ganze Artikel von Marliese Mendel auf der Homepage des ÖGB.

Porträt von Käthe Leichter auf einem Kalenderblatt der Gewerkschaft Metall-Bergbau, 1922 @PRO-GE

In der AK setzte sie gekonnt auf die neue Technik des Radios und zog mit der “Radiostunde für die arbeitende Frau” wohl so etwas wie einen Podcast der 1920/30er hoch. Sie ermutigte Arbeiterinnen darin selbst ihre Stimme zu erheben.

Zum Twitter-Eintrag und den dazugehörigen Thread von Lukas Oberndorfer

Demonstration der SDAP, Käthe Leichter zweite Reihe zweite von links, o.J. IHSF-Archiv

Erste feministische Krisenanalysen: erstmals auch unbezahlte Arbeit im Blick

Besonders beachtenswert für die damalige Zeit ist die einzigartige enge Verknüpfung der Lebensbereiche Erwerbsarbeit, Hausarbeit und Freizeit in Käthe Leichters Studie „So leben wir … 1.320 Industriearbeiterinnen berichten über ihr Leben“ (1932). Es kamen in der Studie auch modernste methodische Ansätze zur Anwendung, ähnlich der weitaus berühmteren, gut ein Jahr später durchgeführten Marienthal-Studie von Marie Jahoda, Paul Lazarsfeld und Hans Zeisel. Die Studie wurde 2018 erneut durchgeführt, um die wenig beleuchtete Arbeits- und Lebensrealität von Frauen in der Industriearbeit sichtbar zu machen. 

Zum Artikel im Arbeit und Wirtschaft – Blog


Von Kathrin Glösel & Gerald Demmel– Veröffentlicht am 16. März 2022

LEICHTER IM UNTERGRUND: VERFOLGUNG DURCH DIE AUSTROFASCHISTEN

Nachdem die Sozialdemokratie verboten wurde, organisierten Käthe Leichter und andere sich im Untergrund. 1936 übernahm sie die Leitung des politischen Nachrichtendienstes der Revolutionären Sozialisten.

Der gesamte Artikel unter kontrast.at


Sie kehrte nach Wien zurück, schloss sich der Rätebewegung an und arbeitete ab 1919 als wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Staatskommission für Sozialisierung. 1925 übernahm Käthe Leichter den Aufbau des Frauenreferats in der Wiener Arbeiterkammer. – Zum Artikel


Käthe Leichter ist, auch aus Anlass ihres 80. Todestages, immer wieder in den Medien präsent, und Arbeit&Wirtschaft, zu deren Redaktionsteam sie gehörte, knüpft manchmal auch heute noch an ihre wichtigen Denkanstöße an. Deshalb soll hier anstelle eines weiteren Würdigungsbeitrags der Bericht der überlebenden jüngeren Rosa Jochmann über die gemeinsamen letzten Monate und Tage im KZ Ravensbrück stehen. Er erzählt von

Käthes Mut und darüber, was er für die anderen Häftlinge bedeutete. Er erzählt auch von der Solidarität zwischen den Frauen – alles andere als selbstverständlich unter KZ-Bedingungen.

Gründung der österreichischen Lagergemeinschaft Ravensbrück 1947. Drei, die den NS-Terror nicht überlebten stehen im Zentrum des Gedenkens: links die Kommunistin Mali Brust, rechts die katholische Widerstandskämpferin Franziska Kantor und in der Mitte Käthe Leichter. | Quelle: Verein für Geschichte der ArbeiterInnenbewegung/VGA.

Buchvorschläge

Käthe Leichter gehörte zu den interessantesten und bedeutendsten Frauen im politischen Leben der Ersten Republik. Dennoch ist sie heute nur einem kleinen Kreis von Menschen bekannt.
Käthe Leichters wissenschaftliches und politisches Werk zu kennen, erleichtert das Verständnis der komplizierten Entwicklung Österreichs seit 1918, die keineswegs vorbestimmt war und zu der sie mehrmals politische Alternativen vorgeschlagen hatte.

ISBN: 978-3-900436-28-5
ÖGB-Verlag um € 14,99


2022

Ein doppelter Affront

Die Regierung hat den Käthe-Leichter-Staatspreis für Frauen- und Geschlechterforschung ersatzlos gestrichen, den Ersatzpreis will man unter neuem Namen „neu konzipieren“. Damit werden die soziale Dimension der Frauenanliegen und antifaschistische Erinnerungskultur in Österreich zurückgedrängt.

Ein Bericht von Brigitte Pellar im A&W-Blog.