Eine Filmrezension zur Dokumentation „Der schönste Tag“ von Christine Esterbauer
Ein verwunderter Blick, eine gerunzelte Stirn, eine verhaltene Träne. Die Geschichten, die die ZeitzeugInnen im Kinofilm „Der schönste Tag“ von Fabian Eder über das NS-Regime erzählen, wirken auch bei ihren Gegenübern nach. In einem Zugabteil sitzen sich Großeltern meist einem/r EnkelIn gegenüber während im Hintergrund die Landschaft vorbeirauscht. Die Stimmung ist gespalten: auf der einen Seite die Vertrautheit zwischen den sprechenden Personen, auf der anderen Seite die Angespanntheit in Bezug auf das Erzählte.
Das Setting ist so gewählt, dass die EnkelInnen den ZeitzeugInnen Fragen stellen und diese aus ihrer Perspektive manchmal verhalten, manchmal sehr offen erzählen.
Es sind die Geschichten eines kleinen Mädchens, das das Verschwinden eines jüdischen Mädchens aus der Schule schildert, aber vom Antisemitismus sonst nichts mitbekommen hat; von einer schlesischen Soldatenfrau, die in harten Kriegstagen zu ihrem Schwiegervater nach Wien flüchtet, der laut ihren Schilderungen dort jüdisches Eigentum „verwaltet“ und von einem jüdischen KZ-Gefangenen, der die Ermordung seiner kleinen Schwester im Ghetto Krakau mitansehen muss und auf wundersame Weise mehrere Konzentrationslager überlebt. Anhand der persönlichen Geschichten wird die subjektive Seite der historischen Ereignisse sichtbar und sie verdeutlichen, wie unterschiedlich diese Zeit erlebt wurde und bis heute gedeutet wird. Die Erzählungen stehen dabei freilich nicht immer in Einklang mit der Geschichtsbetrachtung der EnkelInnen.
Gemeinsam ist allen Geschichten, dass sie das Schweigen der Nachkriegsjahre aufbrechen. Das Unbehagen und die Ungeheuerlichkeit des Erlebten wiegen schwer, der Wunsch zu erzählen aber ebenso. Es ist ein Versuch, Bruchstücke des lange Verdrängten an die Enkelgeneration weiterzugeben.
Der Film entstand als Teil der Neukonzeption des österreichischen Beitrags in der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau. Bis zur Überarbeitung stand dort seit 1978 eine Ausstellung mit dem Titel „11.März 1938: Österreich erstes Opfer des Nationalsozialismus.“ Die Neugestaltung, die vom Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus in Auftrag gegeben wurde, bricht mit dem Opfermythos Österreichs und stellt seine Mittäterschaft stärker in den Fokus. Beteiligte an der Ausstellung berichten ebenso über die langen Diskussionen hin zur Neuausrichtung.
Der Film lässt aber offen, wie letztendlich die neue Ausstellung aussieht und lässt hier die ZuseherInnen in der Luft hängen. Umso wertvoller und aufschlussreicher sind dafür die Gespräche mit den ZeitzeugInnen, nicht alleine wegen ihres Inhalts, sondern auch weil sie das Ringen mit der Vergangenheit und dem Verdrängten zeigt und wie letztendlich an die Nachwelt doch Teile der Geschichte weitergegeben werden.