In den letzten Kriegstagen wurden in Hadersdorf 61 freigelassene politische Gefangene aus Wien auf dem Heimweg von der SS in ein Massengrab geschossen, das sie zuvor selbst ausheben mussten.
Die ARGE der KZ-Verbände und WiderstandskämpferInnen Österreichs führen alljährlich eine Gedenkveranstaltung an diese 61 Opfer durch.
Details über das Massaker gibt es auf der Homepage der Gedenkstätte.
- Liste der Opfer
- Dokomentarfilm über die Kremser Hasenjagd und das Massaker von Hadersdorf
- Berichte von der Gedenkfeier der ARGE der WiderstandkämpferInnen von 2014: Gedenken in Hadersdorf und Stein und Gedenken in Hadersdorf
2018 – Hadersdorf die endlose Geschichte
Wir trafen uns mit Christine Pazderka, Tochter des ermordeten Widerstandskämpfers Alois Westermeier. Am 10.8.1942 wurde er von der Gestapo an seinem Arbeitsplatz in einer Waffenfabrik verhaftet. Man hatte ihn beobachtet, als er mit Bleistift „Es lebe die Internationale“ auf die Wand des Firmenklosetts schrieb, und denunziert.
Hadersdorf entwickelt sich immer mehr zur endlosen Geschichte. Interventionen der Volksanwaltschaft, aber auch der Mandatarinnen der ÖVP bis hin zur Landeshauptfrau Mikl-Leitner zeigen keine Wirkung. Die Bürgermeisterin ist nach wie vor nicht gesprächsbereit und lässt den KZ Verbänden Niederösterreich und Wien per Schreiben ausrichten, dass sie nur in Beisein ihres Anwaltes mit ihnen sprechen würde.
Die Tafeln wurden entfernt und am Bauhof zwischengelagert. Hier zeigt sich die perfide Entwicklung, da genau dort die Widerstandskämpfer eingesperrt waren, bis sie am Folgetag von einer SS-Einheit bestialisch ermordet wurden. Es kann mit Sicherheit davon ausgegangen werden, dass es sich hier tatsächlich um politische Gefangene handelte. Recherchen von Rudi Burda zufolge wurden 62 Männer ohne Entlassungsschein verhaftet, der verantwortliche SS-Mann fragte jeden Einzelnen zum Grund der Haft. Einer der Männer gab hier ein „Wirtschaftsdelikt” an und wurde freigelassen.
Christine, wie geht es dir in dieser Situation, angesichts der aktuellen Entwicklungen?
Mir geht das Ganze sehr nahe. Es ist alles sehr emotional für mich, eine Belastung. Ich hätte gerne, dass die Gemeinde von sich aus etwas macht, aus meiner Sicht gehört sich das doch. Leider passiert von Seiten der Gemeindevertretung überhaupt nichts. Kaum kommt ein wenig Hoffnung auf, wie zum Beispiel als sich die Volksanwaltschaft der Sache angenommen hat, kommt der nächste Rückschlag. Selbst Interventionen der Landeshauptfrau und eines EU-Abgeordneten der ÖVP brachten nichts. Die Bürgermeisterin verweigert jede Gesprächsbereitschaft.
Was wurde hier bisher schon unternommen? 1995 war ich das erste Mal in Hadersdorf und hab dort nach einer Gedenktafel gesucht, aber keine gefunden. Da war ich auch im Gemeindeamt. Dort war zwar die Tafel des Kameradschaftsbundes, aber kein Hinweis auf das Massaker an meinem Vater und 60 weiteren Männern. Ich hatte damals Blumen mit dabei, da ich kein passendes Mahnmal gefunden habe, habe ich die am Kriegerdenkmal niedergelegt. Wir (Anm. Christine und ihr Sohn) haben Kontakt mit der Gemeinde aufgenommen. 2005 haben wir kurz mit ihnen geredet, der GR deutete Zustimmung an und hat dann 5 Jahre später diese kleine Tafel gemacht. Wir waren entsetzt und haben auch sofort erklärt, dass wir nicht damit einverstanden sind. Auf dieser Tafel findet sich kein Hinweis darauf, dass hier 61 Widerstandskämpfer ermordet wurden. Es war nicht die Tafel, an einer zentralen Stelle, die von uns gefordert wurde. Die kleine Tafel, die sich jetzt am Friedhof findet, deutet nicht im Geringsten an, dass es sich um politische Gefangene gehandelt hat, die entlassen wurden und auf dem Weg nach Hause zu ihren Familien waren. Einer der ersten Vorschläge war der Platz neben dem Kriegerdenkmal, geworden ist es eine kleine unscheinbare Tafel in einer Ecke des Hadersdorfer Friedhofs.
Was passierte dann?
Es gab einige große Gedenkveranstaltungen, mit interessanten Leuten wie Johanna Dohnal oder Barbara Prammer. Dort wurde immer wieder gefordert, eine würdige Gedenkstätte zu errichten. Es sollte gezeigt werden, dass es sich um Widerstandskämpfer gehandelt hat, die für diese Republik gestorben sind. Mit der Zeit blieben die Promis aus. Ich bin froh, dass sich jetzt der KZ Verband Niederösterreich der Sache angenommen hat und von den Wiener KameradInnen dabei unterstützt wird.
Und wie geht es dir mit der aktuellen Situation? Für mich ist die Sicht: immer das Gleiche – immer negativ, Tafeln hin, Tafeln weg. Man weiß ja, dass die Gemeinde hier mitarbeiten müsste, um endlich ein würdiges Gedenken zu ermöglichen. Sie haben die Tafeln wieder abmontiert, vorher einen Rechtsanwalt eingeschaltet, der uns mit einer Klage gedroht hat. Ich musste bei der Polizei aussagen, weil uns ein Kremser wegen Sachbeschädigung angezeigt hat. Jetzt werden die Tafeln wieder montiert, wieder ohne Zustimmung der Gemeinde und die Frau Bürgermeisterin wird sich wieder nicht melden.
Zuletzt versuchten KameradInnen der KZ Verbände Niederösterreich und Wien in der öffentlichen Sprechstunde am Mittwoch den 17.1. mit der Bürgermeisterin das Gespräch zu suchen, wieder gab es keine Möglichkeit dazu. Frau Golda ließ ein Schreiben übermitteln, in dem sie anmerkt, nur in Beisein ihres Anwaltes mit den VertreterInnen der Opferverbände zu reden.
Am Sonntag den 21. Jänner wurden die Tafeln erneut ohne Zustimmung der Gemeindevertretung an der Friedhofsmauer montiert. Die Gedenkstätte wurde mit 61 Rosen und einigen Fotos mit Kurzbiographien der ermordeten Widerstandskämpfer ergänzt. Man darf gespannt sein, wie Frau Bürgermeisterin Golda darauf reagiert. Die weitere Entwicklung bleibt abzuwarten, ob es jetzt wieder zu einer Klagsdrohung gegen den KZ Verband Niederösterreich kommen wird, werden die nächsten Wochen zeigen.
Literaturliste:
„April in Stein“ – Robert Streibel
erzählt vom (Über-)Leben im Zuchthaus, von Zwangsarbeit und politischem Widerstand, vor allem aber erstmals vom Massenmord in Krems.
Residenzverlag, ISBN 9785701716494