Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen

Während der Herrschaft der Nationalsozialisten in Deutschland zwischen 1933 und 1945 fand die stärkste Verfolgung von Homosexuellen in der deutschen Geschichte statt. Über 50.000 Männer verurteilte die NS-Justiz. 10.000 bis 15.000 schwule Männer kamen in Konzentrationslager (KZ). Tausende von ihnen überlebten die Gefangenschaft nicht. Weibliche Homosexualität war nur in Österreich strafbar, trotzdem waren auch lesbische Frauen, zwar in weit geringerem Ausmaß und oft in Kombination mit anderen Gründen, von nationalsozialistischer Verfolgungspolitik betroffen.1

Foto: Christian Aigner

„Als Bundespräsident ist mir heute eines wichtig: Ihr Land hat Sie zu lange warten lassen. Wir sind spät dran. Was gegenüber anderen Opfergruppen gesagt wurde, ist Ihnen bisher versagt geblieben. Deshalb bitte ich heute um Vergebung – für all das geschehene Leid und Unrecht, und für das lange Schweigen, das darauf folgte.“2

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am 3. Juni 2018

Der seit der Einweihung dreieinhalb Jahre lang im Inneren des Denkmals gezeigte Film zeigt zwei sich küssende Männer im Tiergarten und wurde im Auftrag der Künstler Elmgreen & Dragset von Regisseur Thomas Vinterberg und Kameramann Robby Müller auf altem ORWO-Schwarzweiß-Film gedreht. Ersetzt wurde dieser Film am 26. Januar 2012 durch den Film Kuss ohne Ende mit küssenden Frauen- und Männerpaaren unterschiedlichen Alters, der von Gerald Backhaus gemeinsam mit Bernd Fischer und Ibrahim Gülnar gedreht wurde. Vom 7. Oktober 2014 bis zum 10. Januar 2017 war dann wieder der ursprüngliche Film zu sehen und seitdem erneut der Backhaus-Film.

Die Täter

Unter Heinrich Himmler, Reichsführer der SS und Chef der Polizei, wurde 1936 die “Reichszentrale zur Bekämpfung der Homosexualität und Abtreibung” eingerichtet.3
Die Mitarbeiter sammelten Daten über homosexuelle Männer, um die Polizei und Gestapo bei deren Verfolgung zu unterstützen. Insgesamt wurden in den zwölf Jahren der nationalsozialistischen Diktatur rund 100.000 Ermittlungsverfahren eingeleitet, 50.000 Männer wegen homosexuellen Handlungen zu Freiheitsstrafen verurteilt.

Die Nazis hatten Angst vor Schwulen in den eigenen Reihen: Ab den 1940er-Jahren wurden homosexuelle Handlungen von SS-, Polizei- und Wehrmachtsangehörigen mit der Todesstrafe geahndet.

Die gepeinigten Menschen

In den Konzentrationslagern mussten die schwulen Männer als Kennzeichnung oft einen rosa Winkel auf der Brust tragen. In der Lagerhierarchie standen sie am unteren Ende. Denn auch der Großteil der KZ-Häftlinge teilte die in der Gesellschaft verbreitete abschätzige Haltung gegen Homosexuelle. Etwa 50 bis 60 Prozent der Inhaftierten “Rosa-Winkel-Häftlinge” überlebten die Lager nicht.

August Albert Zgorzelski7 wird am 31. Mai 1904 in Duisburg geboren. Nach Abschluss der Schule arbeitet er als Schmelzer bei der Firma Krupp in Rheinhausen.
Im Mai 1938 wird er vom Schöffengericht Duisburg wegen homosexueller Kontakte nach § 175 RStGB zu einer Gefängnisstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt. 1939 ordnet das Erbgesundheitsgericht Bochum seine Zwangssterilisierung an. Als Grund gibt das Gericht „angeborenen Schwachsinn“ an. Die Unfruchtbarmachung erfolgt im Juli 1939 im Gefängniskrankenhaus Düsseldorf-Derendorf.

Im August 1939 wird August Zgorzelski aus dem Gefängnis entlassen. Doch bald schon ermittelt die Gestapo wieder wegen angeblicher homosexueller Kontakte gegen ihn. Im August 1941 wird er erneutzu einer Haftstrafe verurteilt. Diesmal lautet das Urteil zwei Jahre und sechs Monate Haft. Nach deren Verbüßung überstellt ihn die Gestapo im Oktober 1943 in das KZ Buchenwald. Hier stirbt er am 8. Januar 1944, als Todesursache wird „Magen-und Darmkatarrh“ vermerkt.8

Jürgen Pettinger hat den Menschen Franz Doms hinter den Gestapo-Akten sichtbar gemacht. Aber auch das System bloßgestellt, nicht nur den NSDAP-Apparat, sondern auch die Nachbarn, den Spitzel, die erpressten Helfershelfer – die Werkzeuge des Apparats.
Eingebettet in das Leben von Franz Doms, seinen Ängsten, der Not, der Liebe, die er erleben konnte. Mich hat das Buch zum Schreiben dieses Artikels inspiriert.4

Mit einem “Warmen” kein Pardon

Stand in der Weimarer Republik lediglich der Analverkehr unter Strafe, so wurde nun jede
homosexuelle Handlung verboten. Nicht einmal Berührungen waren nach dem Nazi-§175
notwendig, “ein Briefwechsel, Blicke u. ä. genügen für eine Anzeige, wobei als Richtschnur dasschon sattsam bekannte gesunde Volksempfinden dient!”
Im Gegensatz zu schwulen Männern waren lesbische Frauen im “Altreich” vom §175 nicht
betroffen und fielen somit nicht unter das Totalverbot. Obwohl sich auch der Druck auf Lesben verstärkte und es dann und wann zu Verfolgungen kam, existierte keine rechtliche Grundlage für die Verfolgung weiblicher Homosexualität.
Anders war dies in der 1938 angeschlossenen “Ostmark”. In Österreich hatte vor 1938 mit dem § 129 auch ein Totalverbot weiblicher Homosexualität geherrscht, welches auch nach dem Anschluß noch galt und “trotz verschiedener Anpassungsversuche an deutsches Recht” auch weiter “in der Rechtssprechung angewendet” wurde.”6

Bis heute wirkt die Nazipropaganda historisch aufbereitet durch die katholische Kirche in unserer Gesellschaft

Josef Anton Gera wurde am 14. Oktober 1997 von den Neonazis Patrick K. und Uwe K. hier auf dem ehemaligen Krupp-Gelände angegriffen und so schwer verletzt, dass er drei Tage später an seinen Verletzungen starb.
Die drei Männer feierten mit zwei weiteren Personen auf dem Gelände. Als Josef Anton Gera sich später als homosexuell herausstellte, griffen die beiden Tätern ihn an und prahlten nachher im Freundeskreis damit, es „einem Schwulen gezeigt“ zu haben. Diesen Aussagen ließen sie noch ein „Sieg Heil“ folgen, so die Staatsanwaltschaft Bochum.5

Ein Bericht über die Ausstellung – Ausstellung „Homocaust – Homosexuelle: Verfolgt, Verschwiegen, Vergessen” in Bozen 2007


Quellenverzeichnis