Ohne jedes Gerichtsverfahren wurden am Abend des 24. April 1945 vier Freistädter und ein Pole aus ihren Wohnungen abgeholt, weil die Freistädter Nazis in den Endtagen ihrer Diktatur sich noch an Sozialisten rächen wollten. Südlich von Freistadt an der Jaunitz, in der Nähe des ehemaligen Militärschwimmbades, wurden sie zu nächtlicher Stunde heimlich erschossen und vergraben. (2)
„Gerade meine Generation kennt die Geschehnisse nur mehr aus dem Geschichtsunterricht, viele Junge haben keine Großeltern mehr, die ihnen selbst die Erlebnisse schildern können. Erinnern heißt handeln – aus der Geschichte lernen heißt für mich, die Demokratie mit jeder Faser zu verteidigen, sich bewusst sein, dass es keine Zeit gibt, in der solche grausamen und autoritären Systeme nicht wieder möglich wären.” Demokratie falle nicht vom Himmel, sondern müsse ständig gelebt und verteidigt werden. “Gerade in den aktuellen Krisenzeiten ist es wichtig, so viel Freiheit wie nur möglich zu gewähren und wachsam zu sein, dass Demokratie nicht aufgeweicht wird.”
Michael Lindner, den Bezirksvorsitzenden der SPÖ Freistadt (1)
Eine späte Begegnung mit den sozialistischen Opfern in Freistadt?
Richard Gold
Geboren am 9.12.1894 – er hat als Soldat den Ersten Weltkrieg überstanden. Als Kassier und Obmann gründete er Kinderfreunde in Freistadt. Nach 1934 blieb er seiner Gesinnung bis zum Tode treu.
Er soll laut seiner Tochter Rosa 1938 und während des Krieges mehrmals eingesperrt gewesen sein. Die Kreisleitung der NSDAP und vor allem dessen Kreisstabsführer Johann Hauf wussten natürlich genau, dass er Antifaschist und Sozialist war. (3), (4)
Alois Miesenböck
Geboren am 23.11.1897 in Hayrl bei Reichenthal. Er wurde Leiter der Konsumfiliale Sumerau und war Bezirksführer des Republikanischen Schutzbundes. 1934 kam es in Freistadt zu keinen Kämpfen gegen die Heimwehrfaschisten. Er wurde wegen seiner Führungsrolle im Schutzbund 1934 für 16 Tage in Schutzhaft genommen. Ihm wurde 1944 die Mitgliedschaft bei einer Freistädter Widerstandsgruppe unterstellt und von GESTAPO im Oktober 1944 verhaft.
Obwohl ihn der Gauleiter Eigruber selbst verhörte und ihn dabei heftig an der Gurgel würgte, konnte ihm nichts nachgewiesen werden. Er wurde aus der Haft im Februar 1945 entlassen. Gleichzeitig wurde ihm eine Überwachung seiner Aktivitäten angedroht. (5)
Jakob Smal
Am 2. 2. 1884 in Ukraine geboren war er Kriegsgefangener im 1. Weltkrieg im Lager Freistadt. Nach dem Krieg mir Rußland blieb er in Freistadt bildete er eine Lebensgemeinschaft und arbeitete als Bauarbeiter in Freistadt. Als 1941 der Krieg gegen die Sowjetunion begann wurde er für faschistisvhe Kreise in Freistadt zum Feindbild. Wegen seiner Sprachkenntnisse wurde er oft als Dolmetscher eingesetzt. Wegen Abhören eines Feindsenders wurde er verhaftet und zu einer 14tägigen Haftstrafe in Linz verurteilt. (6)
Johann Zeilinger
Am 4.3. 1887 in Zeingrub am Kamp geboren. Er arbeitete als Ziegelschläger in der Ziegelei, die dem Tierarzt Dr. Kreindl gehörte. Von 22. – 29. März 1938 saß er eine Woche mit 1 Fasttag im Gefängnis des BG Freistadt wegen „Übertretung gegen die Sicherheit der Ehre“, weshalb konnte nicht eruiert werden. Es dürfte sich um eine politische Sache gehandelt haben. Wo öglich eine Beleidigung eines Nazis oder Illegalen. Er war überzeugter Sozialdemokrat, aber hatte nie eine Funktion inne.
Er hatte eine Auseinandersetzung 1944 mit Josef Wilfort, der später als Bürgermeister von Lasberg von den Nazis eingesetzt wurde. (7)
Stefan Modelsky
1920 in Polen geboren. Von ihm steht uns kein Foto zur Verfügung. Er war als landwirtschaftlicher Arbeiter beim NSDAP-Mitglied Johann Kielinger, der auch im Gemeinderat saß, beschäftigt. Aus späteren Aussagen lässt sich ableiten, dass der NSDAP- Kreisleiter Hauff ihn verdächtigte, Listen der polnischen Zwangsarbeiter in und um Freistadt angelegt zu haben. Eine Sache, die in der Augen der NSDAP- Funktionäre gefährlich und bedrohend war. (9)
Wer waren die Täter und was waren ihre Motive?
Außer dem Kreisamtsleiter Gittmayr waren für die Tat auch die Mitglieder der Kreisleitung Johann Hauff und Josef Czech voll verantwortlich. Weiter waren an den Morden beteiligt: Rudolf Knoll, Gemeindebeamter aus Pregarten; Karl Zimbrich, er stammte aus Linz und war Kaffeehauspächter in Freistadt und Josef Obermayr, Chauffeur der Kreisleitung.(8)
Gauleiter August Eigruber gab den Befehl möglichst viele Kommunisten, worunter er auch die ehemaligen Sozialisten verstand, zu beseitigen. Die Kreisleitung der NSDAP war in den letzten Kriegstagen bereit, faschistische Rache wegen der bevorstehenden Niederlage zu nehmen.
Martin Gittmair, Josef Chech und Johann Hauff wählten einige Sozialisten aus, die dafür in Frage kämen. Hauff war seit September 1943 und Gittmair seit Juni 1944 in Freistadt und wussten eigentlich wenig über die örtlichen Sozialdemokraten. Josef Czech war aber bereits vor 1938 als illegaler Nazi in der Stadt, wurde dann Ortsgruppenleiter, der Werbung für die NSDAP machte, und war mit den Verhältnissen bestens betraut. Man kann daher vermuten, dass sein Beitrag zu den Sozialistenmorden darin bestand, dass er die auszuwählenden Männer vorschlug und dies mit Argumenten aus seinen Erinnerungen begründete. Ein biederer Mühlviertler. (10)
Nach der grausamen Ermordung trafen sich der Kreisstabsführung – Hauff, Knoll, Zimbrich, Obermayr, Brandstätter und Schmidt (Mitglieder des Volkssturms, die die 5 Männer verscharrt haben), Bataillonsführer Johann Bauer, sein Adjutant Dr. Robert Höllinger, Frau Postl als Sekretärin von Hauff. Man trank Wein und Schnaps. Schließlich verpflichtete Hauff unter Androhung des Standgerichts alle zu größtem Schweigen. (11)
Die Konsequenzen nach dem Krieg
Was geschah mit den Tätern?
- Martin GITTMAIR, Kreisleiter von Freistadt, geb. 1899 in Peterskirchen bei Ried im Innkreis floh und wurde zur Fahndung ausgeschrieben. Er begann Selbstmord im Juni 1946 im Kaserholz bei Tumeltsham.
- Josef CZECH, NSDAP-Ortsgruppenleiter später Kreisamtsleiter, 1908 in Wien geboren. Er hatte vorgesorgt und versteckte sich in der weiteren Umgebung von Freistadt. Im Sommer 1945 wurde er noch einmal gesehen.
- Johann HAUFF, geboren am 8. Februar 1912 in Linz. Er war Volkssturmführer in Freistadt. Er floh mit seiner Geliebten über Aschach, Wels und Steyr weiter Klaus. Dort verschaffte er sich einen neuen Identitätsausweis und bestieg im Juli 1945 einen Zug.
- Rudolf KNOLL, geboren 1914 in Tragwein, Führer der 1. Kompanie des 2. Bataillons des Volkssturms. Er wurde am 4. Juni 1945 verhaftet. Er erhängte sich in darauf folgenden Nacht in seiner Zelle.
- Karl ZIMBRICH, geboren 1898 in Linz, Bataillonskomandant beim Volkssturm. Er wurde 1946 vor Gericht gestellt und zu 10 Jahren schweren Kerker verurteilt.
Quellenverzeichnis
- (1) Artikel in meinbezirk.at am 24. April 2020 von Roland Wolf – Sozialistenmorde nahe der Jaunitz vor 75 Jahren
- (2) Neues Freies Österreich in Wikipedia
- (3) Foto und Informationen aus den Freistädter Geschichtsblätter – Das Schicksalsjahr 1945 in Freistadt – 2. Teil – II Die sog. Sozialistenmorde am 24. April 1945 in Freistadt, Seite 161 f
- (4) Widerstand und Verfolgung in Oberösterreich 1934 – 1945, Hrsg. Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands, Band 1, 1982, ISBN 3-215-04965-1, Seite 203 f
- (5) siehe 3, Seite 163 f
- (6) siehe 3, Seite 165
- (7) siehe 3, Seite 166
- (8) Wikipedia – Neues Freies Österreich
- (9) siehe 3, Seite 167
- (10) siehe 3, Seite 168
- (11) siehe 3, Seite 174