Gedenkprojekt der WU-Wien

„Da mosaisch zu den Rigorosen nicht zugelassen.“

Mit diesem Hinweis wurde nach dem „Anschluss“ Österreichs einem jüdischen Studenten, der wenige Wochen vor dem Einmarsch der Wehrmacht seine Doktorarbeit an der Hochschule für Welthandel eingereicht hatte, die Promotion verwehrt.(1)

Für die Opfer des Nationalsozialismus 1938-1945

Diese Gedenkstätte entdeckten wir bei einem Rundgang im Stadtviertel “Viertel Zwei”.

Als wir nach dem Lesen der Schautafel dieses Kunstwerk als Gedenkstätte identifizierten kam mir als ersten Gedanken ein Globus als Darstellung für weltweite Ungerechtigkeiten und Grausamkeiten. Die Spitze davon ist wie bei einem Eisberg in den 1938 – 1945 besonders grausam sichtbar geworden und viele haben sich wie in einem Meer mittreiben lassen. Die Mehrheit des Faschismus, des Rechtspopulismus, dieser Antidemokraten und Kriegstreiberei schwimmt unter Wasser und ist nicht sichtbar – in Fragen der Migration, des Friedens, der Verteilungsgerechtigkeit und des Umgangs miteinander und kommt diese kalte grausame Masse tagtäglich an die Oberfläche. Der Eisberg war bei den kalten Temperaturen des Tages die zweite Idee.

Faschismus an der Hochschule für Welthandel

Auszug aus dem Zeitungsartikel vom Völkischen Beobachter vom 13. Mai 1938 auf der Seite 4 (2)

Für die Hochschule für Welthandel (HWH), die Vorläuferinstitution der heutigen WU, hatte der Einmarsch der Wehrmacht in Österreich 1938 fatale Konsequenzen.
Mit dem Mahnmal sollten jene Studierenden, die aufgrund ihres jüdischen Glaubens oder ihrer Opposition zum NS-​Regime daran gehindert wurden, ihren Abschluss zu machen, identifiziert werden.

Einige Schicksale der damals jüdischen Student*innen (3)

Juda Harnik
Im Anschluss an ein Semester an der Juridischen Fakultät der Universität Warschau war Juda Harnik zwischen Wintersemester 1936/37 und Wintersemester 1937/38 drei Semester lang an der Hochschule für Welthandel inskribiert.
Wenige Tage nach den Prüfungsterminen meldete sich Harnik von der Wohnung in der Thalheimergasse 32-38/1/11 (16. Wiener Gemeindebezirk) ab, in der er seit Mitte Oktober 1936 gelebt hatte. Ende Juni 1938 ging er in die damals polnische Stadt Czortków/Tschortkiw (heute in der Ukraine gelegen). Dort verliert sich seine Spur.

Aniela Lerner
In ihrer Heimatstadt Zawiercie hat Aniela Lerner das Humanistische Gymnasium Helena Malczewska besucht. An der Hochschule für Welthandel war sie im Wintersemester 1937/38 und im Sommersemester 1938 inskribiert. Mitte Juni 1938 konnte die jüdische Studentin noch Teile der Ersten (allgemeinen) Prüfung ablegen, erhielt hierüber aber kein Zeugnis. Sie wurde am 27. Juni 1938 abgemeldet und erhielt ein Abgangszeugnis.Am 1. Juli 1938 hat sie ihre Wohnung in der Heiligenstädterstraße 5/5 (19. Wiener Gemeindebezirk), wo sie mit Adela Romanowska eine Wohngemeinschaft gebildet hatte, abgemeldet und ist nach Zawiercie zurückgekehrt. Ihr weiteres Schicksal ist unbekannt.

Moses Engländer
war Sohn von Samuel Engländer (Kaufmann in Lemberg). Er war zwischen dem Wintersemester 1936/37 und dem Sommersemester 1938 an der Hochschule für Welthandel inskribiert; hier wurden ihm zwei Semester des Studiums an der Handelshochschule Lemberg angerechnet. Die letzte Prüfung hat er im Januar 1938 abgelegt. Im Sommersemester 1938 hat der jüdische Student offenbar nicht mehr am Studien- und Prüfungsbetrieb teilnehmen können. Jedenfalls hat er die Diplomprüfung nicht abgelegt, obwohl er die für die Zulassung vorgeschriebenen sechs Semester studiert hatte. Bis zum 22. Juli 1938 war er in der Stolberggasse 21/2/28 (5. Wiener Gemeindebezirk) gemeldet. Von hier aus ist er nach Polen zurückgekehrt.

Aus 28 Einreichungen wurde die Arbeit des Künstlers Alexander Felch zur Errichtung auf dem Campus WU ausgewählt und an zentraler Stelle am neuen Campus errichtet. Am 8. Mai 2014 wurde die Skulptur feierlich der Öffentlichkeit präsentiert.

2023 – Schatten der NS-Zeit über der WU
Ein Bericht auf ORF-Wien

Heuer wird die Wirtschaftsuniversität (WU) Wien 125 Jahre alt. Geprägt durch ihre Vergangenheit als kaiserlich-königliche Exportakademie stieg sie seit ihrer Gründung 1898 zu einer bedeutenden Forschungsinstitution auf. Doch die NS-Zeit wirkt noch heute nach.4

Anlässlich des Jubiläumsjahrs findet Anfang März eine Diskussionsveranstaltung zu akademischer Freiheit unter anderem mit WU-Rektorin Edeltraud Hanappi-Egger statt. Im Rahmen des WU-Sommerfestes werden außerdem unter dem Motto „Open for Diversity“ das Gründungsjubiläum sowie der zehnte Jahrestag der Eröffnung des Campus im Prater gefeiert. Die „Meilensteine“ der WU-Geschichte werden in einer Open-Air-Ausstellung beleuchtet.


Quellenverzeichnis