1,75 Millionen auf der Flucht – die “Kleinasiatische Katastrophe”

Der zweite Studienreise-Bericht von Brigitte & Werner

1923 wurde im Vertrag von Lausanne im Einvernehmen beider Regierungen ein Austausch der Bevölkerungen beschlossen. Die Zwangsumsiedlung betraf ca. 1,25 Millionen Griechen und 500.000 Türke. Als ausschlaggebendes Kriterium der Volkszugehörigkeit wurde die Religion festgelegt (orthodox = griechisch, muslimisch = türkisch), die nicht immer der ethnischen Zugehörigkeit entsprach. Durch den Zuzug der Griechen aus dem anatolischen Festland und dem Pontos hatte Griechenland eine Flüchtlingsquote von ca. 25 % zu bewältigen, d. h. jeder vierte Grieche war Flüchtling.1

Link zum Bericht

Olga Lafazani und Eleni Kyramargiou zeigten uns in Nikaia die heutigen Überreste und Spuren, der einfachen Holzbauten, die damals für die Flüchtlinge errichtet wurden. Die Flüchtlinge kamen mit “Nichts” an. Sie erlebten Gewalt und Vertreibung und den Verlust ihres persönlichen Eigentums. Es herrschte ein Mangel an Nahrungsmittel, Arbeitsplätzen und Wohnungen. Seuchen breiteten sich aus. Es hat viele Jahre gedauert bis die gesellschaftlichen Spannungen durch die große Anzahl an Menschen (die griechische Bevölkerung wuchs innerhalb von zwei Jahren um 25 Prozent) ausgeglichen werden konnten.

Eine große Anzahl von Flüchtlingsfrauen wurde als Arbeiterinnen hauptsächlich in der Textl-, Wandteppich- und Tabakherstellung beschäftigt, sowohl in Fabriken als auch in Werkstätten.

Der sogenannte “Bevölkerungsaustausch” bedeutete für sie in der Praxis, dass nie mehr in die ehemalige Heimat zurückkehren konnten. Unter den Flüchtlingen fand eine “Proletarisierung” im Sinne von “working poor” statt. Als Straßenarbeiter:innen, die Gelegenheitsdienste verrichteten oder kurzfristige Jobs als Schuhmacher, Bauarbeiter, Bäcker oder Aushilfskräfte im Gastgewerbe annahmen.

Fotos von unserem Rundgang im Stadtteil Nikaia


Quellenverzeichnis

1 Wikipedia